Wenn sich morgen um 13 Uhr die Flügeltür des Blauen Salons im alten
Stockholmer Börsenhaus öffnet, wird einiges anders sein als sonst. Die
Schwedische Akademie wird gleich zwei Literaturnobelpreisträger
bekanntgeben und geht in die Offensive: Sie berichtet über die Arbeit
des Nobelkomitees.
Das letzte Mal, als zwei Literaturnobelpreise in einem Jahr verliehen wurden, war 1950 mit William Faulkner und Bertrand Russell.
1949 hatte die Schwedische Akademie keinen geeigneten Kandidaten
gesehen und somit die Preisvergabe gemäß ihren Statuten verschoben. 2018
hingegen war die Akademie durch eine Affäre um Indiskretionen, sexuelle
Übergriffe und Veruntreuung derart gebeutelt, dass Akademiemitglieder
auch öffentlich miteinander stritten und es am Ende schlichtweg nicht
genügend Juroren gab: Die Akademie war handlungsunfähig. Inzwischen hat
man hinter den Kulissen auch unter Einfluss des königlichen Schirmherrs Carl XVI. Gustav
die Statuten geändert (erstmals dürfen die auf Lebenszeit gewählten
Akademiemitglieder freiwillig austreten), Abläufe geklärt und sich um
mehr Transparenz bemüht.
18 Stühle hat die erwürdige Akademierunde, die über den
Literaturnobelpreisträger befindet, und sie ist nun wieder voll besetzt.
Der Älteste unter ihnen ist der 95-jährige Übersetzer und Sinologe Göran Malmqvist (Stuhl Nr. 5), die Jüngste die 50-jährige Schriftstellerin Anne Swärd (Stuhl Nr. 13). Seit Juni ist der Literaturhistoriker und Übersetzer Mats Malm (Stuhl Nr. 11) Ständiger Sekretär,
der morgen die Preisträger verkünden wird. Dass einer der beiden im
Schatten des anderen steht, glaubt Malm nicht: Die Aufmerksamkeit reiche
für beide, gab er in schwedischen Medien diplomatisch zu Protokoll.
Dort werden als heiße Kandidaten Anne Carson, Haruki Murakami, Jamaica Kincaid, Ngũgĩ wa Thiong'o, Jon Fosse, Margaret Atwood, Chimamanda Ngozi Adichie und László Krasznahorkai gehandelt.
Um 13 Uhr wird nach Malm dann Anders Olsson (Stuhl Nr. 4), der
in der Krise die Akademiemitglieder als kommissarischer Sekretär
zusammenzuhalten versuchte, mit anderen Mitgliedern des Nobelkomitees
die Preisträger und ihre Werke vorstellen. Danach geht die Akademie in
die Offensive und möchte über ihre Arbeit berichten. Dass sie das bei
der Nobelpreisverkündung tut, zeigt: Es ist mehr als dringend, dass die
Akademie durch Transparenz Vertrauen zurückgewinnt, dass sie in ihrem
endlosen Kleinkrieg verspielt hat. Vielleicht besinnt sie sich auf ihren
Wahlspruch: "Snille och Smak" – Geist und Geschmack.
via https://www.boersenblatt.net/2019-10-09-artikel-doppelauszeichnung_in_2019-nobelpreis_fuer_literatur.1739870.html
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