Erhard Eppler, der Politiker und Publizist, war einer der
bedeutendsten Vordenker der SPD und trug wesentlich zur Entstehung der
Umweltbewegung in Deutschland bei. In einem Gesprächsband traf er vor
einigen Jahren auf Niko Paech, einem wichtigen Protagonisten der
„Postwachstumsökonomie“. Anlässlich seines Todes habe ich mir den Band
von Eppler und Paech noch einmal zur Hand genommen.
Die beiden sollten auf Einladung des Oekom Verlages ein
Streitgespräch über ihre theoretische Position und ihre praktische
Arbeit führen, das von Christiane Grefe, einer bekannten
Umweltjournalistin, moderiert werden sollte.
Gelegentlich ist es gut und angemessen, das Lesen eines Buches mit
dem letzten Teil zu beginnen. Im Anhang des vorliegenden Buches sind
zwei Essays der beiden Kontrahenten abgedruckt. Epplers Essay trägt den
Titel „Selektives Wachstum“ – und beginnt so: „Was wir heute
‚wirtschaftliches Wachstum‘ nennen, war ursprünglich nur eine
statistische Zahl. Man hatte sich verständigt, wie die wirtschaftliche
Gesamtleistung eines Staates, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), errechnet
werden könne. Wenn diese Summe von einem Jahr zum anderen anstieg,
nannte man dies ‚das Wachstum‘. Wenn sich Phasen stärkeren Wachstums mit
Phasen schwächeren Wachstums abwechseln, waren das Aufschwung
beziehungsweise Abschwung.“ So weit, so gut. Schwierig aber werde es,
wenn Wachstum zum politischen Ziel gemacht wird. Dann kann dieses Ziel
alles Mögliche und manches Unmögliche rechtfertigen, dann entstehen
Abhängigkeiten und Verwirrungen.
Wo Wachstum zum zentralen Ziel aller Politik wird, sagt Eppler, sei
die Rutschbahn zum Marktradikalismus gebaut; dort landeten dann auch die
Politiker, die eigentlich etwas ganz anderes wollen oder wollen
sollten. Wachstum als generelles Ziel führe zum Primat der Ökonomie über
eine Politik, deren Pflicht dann darin bestünde, die wirtschaftlich
Mächtigen bei Laune zu halten. Eppler folgert daraus: Es hätte keinen
Sinn, Wachstumsraten von 3 oder 4 Prozent zum politischen Ziel zu
machen; doch abwegig sei auch, ein Nullwachstum anzustreben. Er hält
fest: „Es kommt nicht darauf an, wie viel wächst oder nicht wächst –
sondern was wächst“. Das ist Epplers Petitum für „Selektives Wachstum.“ ... [mehr] https://www.ipg-journal.de/rubriken/soziale-demokratie/artikel/gedankenvoll-sprachgewandt-friedliebend-3819/
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