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Samstag, 19. Oktober 2019

Appell zum Kolonialerbe

Nach dem Beschluss zur Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, um die Rückgabe von Kolonialobjekten zu vereinfachen, verlangen Ethnologen, Historiker, Postkolonialismus-Forscher und Künstler aus Afrika und Europa in einem Appell an die Kulturminister von Bund und Ländern eine rasche Öffnung der Museumsinventare. 
"Es ist ein Skandal", heißt es darin, "dass es trotz dieser nunmehr zwei Jahre anhaltenden Debatte noch immer keinen freien Zugang zu den Bestandslisten der Museen gibt." Die Kenntnis der Bestände sei aber die Grundlage für jeden Dialog. "Viele in Afrika sagen, wir wissen gar nicht, wo was ist. Wie sollen wir da etwas zurückfordern?", sagt etwa der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer, einer der Unterzeichner. Um Transparenz zu schaffen, seien keine langwierige Datenaufbereitung und abgeschlossene Digitalisierungsprojekte erforderlich, wie oft behauptet werde: "Die Arbeit an den Inventaren wird nie beendet sein!"
Neben Zimmerer haben rund 150 Wissenschaftler, Künstler und Aktivisten den Aufruf unterzeichnet, darunter die in Berlin lehrende Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und der senegalesischen Ökonomen Felwine Sarr. Beide hatten Ende 2018 in einem Aufsehen erregenden Gutachten für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfohlen, aus der Kolonialzeit stammende Kunstwerke an die Herkunftsländer in Afrika zurückzugeben. Zimmerer begründet den Appell mit eindringlichen Worten: "Man muss jetzt endlich diese postkoloniale Debatte führen und dafür Transparenz schaffen!" Es gelte, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. "Und das geht nur, wenn man offen sagt, was da ist. Und ohne dass die Museen oder politische Instanzen kontrollieren, was man sehen kann und was nicht."
"Wir brauchen Transparenz", betont auch die Direktorin des Bremer Übersee-Museums, Wiebke Ahrndt. Doch gehe die Kritik des Appells an den Realtitäten in den Museen vorbei: "Wir tun im Moment mit den Bordmitteln, die wir haben, das Beste, was wir können", sagte sie. "Wir wollen alle mehr tun. Es braucht aber die finanzielle Ausstattung, damit wir das nötige Personal für diese Arbeit haben." Die Aufarbeitung der Sammlungsbestände sein ein "mühseliges Geschäft" und ihre Digitalisierung sei erst recht aufwendig. Für den Deutschen Museumsbund, dessen Co-Vorsitzende sie bis vor kurzem war, hat Ahrndt die Arbeit an einem Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten geleitet. Daran waren Wissenschaftler aus vielen Ländern beteiligt, unter ihnen der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer.
Die Initiatoren des Appells sollen in die Arbeitsgemeinschaft von Bund und Ländern eingeladen werden, die sich mit dem Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten befasse, kündigte der Vorsitzende der Kulturministerkonferenz, Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda, jetzt an. "Dann kann im direkten Gespräch geklärt werden, wie wir möglichst gut und schnell vorankommen."

via DW.com 
 

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