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Montag, 14. Oktober 2019

Hohenzollern-Entschädigung: Seine Königliche Hoheit hat noch nicht genug

Als Kind war ich Experte für alle Vorgänge im europäischen Hochadel. Hatte Stéphanie, die rebellische Tochter des monegassischen Fürsten Rainier, schon wieder einen neuen Liebhaber? Wie schlimm stand es wirklich um Claus, den depressiven Prinzgemahl der niederländischen Königin Beatrix? Und war die Ehe des spanischen Regenten Juan Carlos mit seiner Sofia wirklich glücklich?
Ich wusste bestens Bescheid, informiert durch ausführliche und regelmäßige Lektüre der "Aktuellen", der "Neuen Post" und der "Frau im Spiegel", oder kurz, wie sie bei uns daheim abschätzig genannt wurden, der "Heftl".
Diese sogenannten Heftl gelangten mit einem mir nie vollständig durchschaubaren verwandtschaftlichen Lesezirkelsystem in unseren Haushalt. Bei jedem Besuch wurden ganze Stapel dieser Druckerzeugnisse mit Tanten, Großtanten und Omas ausgetauscht, freilich nie ohne den obligatorischen Verweis darauf, was für ein "Schmarrn" da wieder drinstehe - der aber seltsamerweise niemanden vom schwunghaften Austausch abbrachte.
Rätselhaft blieb auch die Ökonomie des Heftl-Handels: Keines war aktuell, alle mindestens einige Wochen alt, und niemand hat jemals zugegeben, selbst eines davon käuflich erworben zu haben. Die Heftl existierten und zirkulierten vollkommen eigenständigen, der normalen Welt entrückten Gesetzmäßigkeiten folgend, bis sie irgendwann verdient im Altpapier landeten.
Über die Jahre ist mein Interesse am europäischen Adel dann deutlich abgeflaut. Spätestens als Teenager hatte ich der Aristokratie in jeder Form abgeschworen. Das Thema war in meinen Augen nur noch eines für ältere Damen beim Friseur, trivial und harmlos.
Nazi-Modenschau auf dem Schloss
Vor Kurzem habe ich aber doch einmal wieder so ein Heftl gesehen, das aus dem Leben der Erlauchten berichtet. Es war abgebildet in einem "taz"-Artikel und noch etwas älter als die Yellowpress-Produkte meiner Kindheit: Die dänische Illustrierte "Berlingske illustreret Tidende" vom 22. April 1934 zeigt den damaligen deutschen Kronprinzen Wilhelm von Preußen vor einem Spiegel posierend, so die "taz". Er trägt eine Nazi-Uniform. Aufgenommen wurde die Nazi-Modenschau auf Schloss Cecilienhof in Potsdam, seinem damaligen Wohnsitz.
Im Sommer 1945 fand hier die Potsdamer Konferenz statt, auf der die siegreichen Alliierten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die künftige Weltordnung aushandelten. Heute benutzt die Landesregierung Brandenburg das Schloss gelegentlich für Empfänge. Nun würde der traditionsbewusste Urenkel des Nazi-Prinzen dort gerne einziehen.... [mehr] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/hohenzollern-entschaedigung-seine-koenigliche-hoheit-hat-noch-nicht-genug-a-1290289.html

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