Der Börsenverein, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der
Deutsche Bibliotheksverband, der Verband Bildungsmedien und der Verband
Deutscher Zeitschriftenverleger fordern die Bundesregierung auf, den
ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent umfassend auch auf digitale
Presse und Bücher sowie Datenbanken anzuwenden.
Das Verbändebündnis verfolge mit Sorge und Unverständnis die derzeit geführte Diskussion zum Entwurf der Bundesregierung zur Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für elektronische Verlagspublikationen
vom 31. Juli 2019. Darin heißt es, dass die reduzierte Mehrwertsteuer
nicht gelten soll, wenn dieselbe Publikation nicht einzeln, sondern
gemeinsam mit weiteren Publikationen in gebündelter Form aus einer
Datenbank heraus angeboten wird.
"Wir begrüßen in dem neuen Gesetz grundsätzlich die steuerrechtliche
Gleichstellung von elektronischen Publikationen und physischen
Verlagsproduktionen." Der explizit benannte Ausschluss gebündelter
Angebote digitaler Presse – Zeitschriften, Bücher oder Zeitungen – von
der reduzierten Mehrwertsteuer sei jedoch absolut praxisfern und entspreche nicht der EU-Richtlinie, so das Bündnis.
Die Verbände fordern den Gesetzgeber daher auf, den Gesetzestext entsprechend der EU-Richtlinie ohne Einschränkungen zu formulieren und den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent umfassend sowohl auf digitale Presse und Bücher als auch auf Datenbanken zu erstrecken.
Gerade im Bereich der Hochschulen, Bibliotheken und der
wissenschaftlichen Forschung ist der Umgang mit umfassenden Datenbanken
Basis der Recherchetätigkeit und wichtiger Bestandteil für den freien
Zugang zu Wissen und Information. Im Zuge der Digitalisierung sollte der
Gesetzentwurf diesen Anforderungen Rechnung tragen.
Zum Hintergrund
Das EU-Mehrwertsteuerrecht (EU-Richtlinie 2018/1713) zielt auf die steuerliche Gleichbehandlung
von gedruckten und digitalen Presseprodukten. So erlaubt sie den
reduzierten Mehrwertsteuersatz auch für elektronische Dienstleistungen
wie Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, die sowohl auf physischen und
elektronischen Trägern als auch auf beiden angeboten werden. Darüber
hinaus können nach EU-Recht digitale Bücher, Zeitungen und Zeitschriften
ausdrücklich auch „Videos und hörbare Musik“ enthalten. Das EU-Recht verlangt demnach keine wesensmäßige Entsprechung mit gedruckten Publikationen.
Der Entwurf der Bundesregierung enthält nun eine Formulierung, die nach Überzeugung der Verbände zu massiver Rechtsunsicherheit und langwierigen Rechtsverfahren
führen könnte. Denn darin heißt es: "Die Ermäßigung ist beschränkt auf
elektronische Veröffentlichungen, die ihrem Wesen nach und funktional
herkömmlichen Erzeugnissen […] entsprechen. Leistungen, die über die
bloße Überlassung von elektronischen Veröffentlichungen hinausgehen,
sind von der Ermäßigung ausgeschlossen."
Das Kriterium der
Vergleichbarkeit mit "herkömmlichen" physischen Erzeugnissen ist aus
Sicht der Verbände medien- und verbraucherpolitisch rückwärtsgewandt und
hätte zur Folge, dass die Ermäßigung nur für den kleinen Bereich der E-Paper-Ausgaben in PDF-Form
gilt, wesentliche Teile der digitalen Presse und Bücher aber nicht
erfasst werden. Denn digitale Presse und Bücher entsprechen ihrem Wesen
nach und funktional zumeist gerade keinen gedruckten Produkten. Sie
haben nutzerfreundliche Funktionen, wie etwa einen leichten Zugriff auf
die Inhalte, vertiefende, regelmäßig aktualisierte Artikel, Bilder und
Grafiken, News- und Liveticker oder barrierefreien Zugang durch
Vorlesefunktion. "Sollten daher Teile der digitalen Presse und Bücher
von der Ermäßigung nicht erfasst sein, weil sie über die Vermittlung des
geistigen Inhaltes hinaus mehr Funktionen als eine gedruckte Variante
bieten, liefe das dem gewünschten Ziel, dass professionelle
meinungsbildende und bildende Inhalte in der digitalen Welt für die
Verbraucher erschwinglich bleiben sollen, entgegen", so das
Verbändebündnis.
Die ausführliche Stellungnahme der
Verbände, unter anderem mit Beispielen, wie bereits andere europäische
Länder die EU-Richtlinie umgesetzt haben, findet sich hier.
via https://www.boersenblatt.net/2019-09-05-artikel-sieben_prozent_fuer_alle_digitalen_verlagspublikationen_gefordert-boersenverein_und_weitere_verbaende_veroeffentlichen_stellungnahme_zum_jahressteuergesetz.1718385.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen