Auch ein halbes Jahr nach dem Beschluss der umstrittenen
EU-Urheberrechtsreform hat die Bundesregierung noch keinen Weg gefunden,
sogenannte Uploadfilter zu verhindern. Nach Angaben des
Bundesjustizministeriums werden derzeit „weit mehr als 100
Stellungnahmen aus Fachkreisen und der interessierten Öffentlichkeit“
ausgewertet, die nach einem Aufruf eingegangen waren. Die Ergebnisse
dieser Auswertung würden in die Überlegungen zur Umsetzung der
Richtlinie in nationales Recht einbezogen, hieß es.
Die
Bundesregierung hatte nach der Zustimmung zur Urheberrechtsreform
zugesichert, Uploadfilter „nach Möglichkeit zu verhindern“. Dieses Ziel
bekräftigte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Eine Lösung ist jedoch
noch nicht absehbar. Uploadfilter sind Programme, die automatisch
Urheberrechtsverletzungen erkennen und das Hochladen solcher Inhalte auf
Internetplattformen unterbinden sollen. Kritiker warnen vor ungenauen
oder zu scharf eingestellten Filtern, die auch unbedenkliche Videos,
Bilder oder Texte blockieren und so die Meinungsfreiheit beschneiden
könnten. Alle notwendigen Reformen müssen bis spätestens Juni 2021
abgeschlossen sein.
Der IT-Branchenverband Bitkom erhöht nun den Druck auf die
Bundesregierung, speziell auf Bundesjustizministerin Christine Lambrecht
(SPD), die EU-Richtlinie ohne Uploadfilter umzusetzen. „Das Problem ist
hausgemacht und muss jetzt auch zu Hause gelöst werden“, sagte
Bitkom-Präsident Achim Berg. Bei der Festlegung, wer künftig die
Richtlinie anwenden müsse, forderte Berg diverse Ausnahmen: etwa
berufliche Netzwerke, App Stores, Meinungsforen oder auch spezielle
Künstlerplattformen, die es Urhebern ermöglichen, eigene Werke mit einer
breiten Öffentlichkeit zu teilen, wie SoundCloud, Fotocommunity oder
den Online-Musikdienst Jamendo. Der Bitkom-Chef sieht nun
Urhebervertreter, Rechteinhaber und Plattformen in der Pflicht,
gemeinsam mit der Bundesregierung pragmatisch nach geeigneten Lösungen
zu suchen. „Der Schutz der Meinungsfreiheit muss oberstes Ziel sein“,
sagte Berg.
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