Wer sich der Zensur
nicht beugt, muss mit Verfolgung, Sanktionen, sogar mit dem Tod rechnen.
Ein aktuelles Beispiel ist die Schriftstellerin Golrokh Ebrahimi Iraee,
die im September 2014 wegen einer – unpublizierten – Kurzgeschichte ins
Gefängnis geworfen wurde, in der sie die Praxis der Steinigung von
Ehebrecherinnen gegeisselt hatte. Sie wurde im vergangenen April auf
Bewährung freigelassen, steht aber nach wie vor unter Anklage.
Es
kam auch vor, dass unbequeme Autoren aus dem Weg geschafft wurden,
wobei die Behörden die Untat dann als Suizid oder ungeklärtes
Tötungsdelikt darstellten. Ende 1998 kamen so binnen einer Woche gleich
zwei Literaturschaffende ums Leben: Am 3. Dezember wurde der Dichter,
Schriftsteller und Aktivist Mohammad Mokhtari ermordet, sechs Tage
später verschwand Mohammad-Jafar Pouyandeh, ein ebenfalls
gesellschaftlich engagierter Übersetzer und Autor. Sein Leichnam wurde
drei Tage später in einer südlich von Teheran gelegenen Stadt
aufgefunden.
Insbesondere die
Literatur steht im Visier der iranischen Zensurbehörde;
wissenschaftliche, philosophische und theoretische Texte sind ungleich
weniger exponiert. Denn Literatur stimuliert mehr als andere
Textgattungen die Vorstellungskraft und das freie Denken – und genau das
will das Regime verhindern.
Tatsächlich
haben die Machthaber mithilfe der Zensur die iranische Literatur mit
ihrem eigenen Narrativ überschrieben. Das entstellt nicht nur das Bild
der persischsprachigen Literatur, sondern auch dasjenige der realen
Lebensumstände und Erfahrungen der Iraner. Auch sie leben heute in einer
Gesellschaft, in der es vorehelichen Sex gibt, in der man – wenn auch
heimlich – mit gleichgeschlechtlichen oder transsexuellen Partnern
zusammenlebt, wo Alkohol konsumiert, Kunst im Untergrund gezeigt und
gehandelt wird und die Menschen politisch aktiv sind. Ein beträchtlicher
Anteil der Bevölkerung praktiziert die aufgezwungene Religion nicht.
Aber von alledem ist in iranischen Romanen nichts zu lesen. ... [mehr] https://www.nzz.ch/feuilleton/wie-man-iranische-zensoren-an-der-nase-herumfuehrt-ld.1486736
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