Schlafende Gläser / LMW-Blog 18.07.2019
Das Foyer des Alten Schlosses wird voraussichtlich bis Herbst 2020
zur Kulturlobby umgebaut. Direkt unter den Bauarbeiten ist eine der
bedeutendsten Glassammlungen Europas ausgestellt. Der Schlagbohrhammer
erschüttert oben den Boden. Um die Gläser vor möglichen Schäden infolge
unabsehbarer Vibrationen zu schützen, wurden alle 700 Ausstellungsstücke
auf Kissen gebettet.
Zeitreise durch vier Jahrtausende
Die Glassammlung Ernesto Wolf am Landesmuseum Württemberg umfasst Gläser aus vier Jahrtausenden.
Die Zeitreise beginnt mit zeitlos schönen, leuchtend bunten
Kostbarkeiten aus Ägypten, Mesopotamien und Griechenland. Man zieht
vorbei an den ersten transparenten und mundgeblasenen Gläsern aus der
Römerzeit.
In der Neuzeit begegnen Bierhumpen dem Höhepunkt der Glasmacherkunst:
dem venezianischen Glas. Es ist unbegreiflich filigran, man möchte bei
der Betrachtung den Atem anhalten. Eine Fülle barocker Deckelpokale lädt
ein, ganz genau hinzuschauen und Zwischengoldgläser lösen Staunen aus:
Wie hat man das Gold da hinein bekommen?
Schutz vor Erschütterungen
Es war klar, dass die Bauarbeiten Erschütterungen in der
Glasausstellung auslösen würden. Vibrationen können zur Fortbewegung der
Objekte am Ausstellungsort führen, man sagt dann, sie „wandern“. Auch
die Deckel der Deckelpokale könnten verrutschen, alte Klebungen könnten
sich lösen und Vieles mehr. Das Ausmaß der Erschütterungen und mögliche
Folgen waren nicht absehbar. So fiel die Entscheidung, die kostbaren
Stücke an Ort und Stelle auf Kissen zu legen. Diese Form des
vorausschauenden Objektschutzes nennt man „präventive Konservierung“.
Die Maßnahme wurde von den Restaurator*innen des LMW geplant und
durchgeführt.
Füllen der Kissenhüllen
Grünes Licht für Kissen
150 Kissenhüllen aus Polyethylen-Vlies wurden genäht und mit
Recycling-Polystyrolschaum-Kügelchen gefüllt. Stopp! Ganz so einfach ist
es nicht: Alle Materialien, die über einen längeren Zeitraum mit
Museumsobjekten in Berührung kommen, müssen einen bestimmten Test
durchlaufen. Erst der bestandene „Oddy-Test“ bestätigt, dass die
getesteten Materialien keine Gase abgeben, die für die Objekte
gefährlich werden könnten. Ergebnisse aus der Konservierungsforschung
haben gezeigt, dass sich auch Glasoberflächen durch den Einfluss
schädlicher Emissionen verändern können. ... [mehr] https://blog.landesmuseum-stuttgart.de/schlafende-glaeser/
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