Vor nicht allzu langer
Zeit sind zwei grosse schwedische Schriftsteller kurz nacheinander
gestorben: der Lyriker und Nobelpreisträger Tomas Tranströmer 2015, der
Romancier, Lyriker und Essayist Lars Gustafsson im Jahr darauf. Sie
waren Freunde und haben auch übereinander geschrieben. Beide konnten vor
ihrem Tod ein letztes Werk noch weitgehend abschliessen. Gustafsson
verfasste die «Etüden für eine alte Schreibmaschine», Gedichte über den
Rückzug aus der Vita activa. Tranströmer legte mit «Randgebiete der
Arbeit» eine vielfarbige Dokumentation seines Lebens vor. Dieses
geschickte Arrangement von Erinnerungsstücken, Briefen, Interviews,
Entwürfen und Fotografien liest sich wie eine spannende Biografie. Die
deutsche Ausgabe ist den Herausgebern Magnus Halldin und Wolfgang Butt,
nicht zuletzt aber Monica Tranströmer, der Frau des Dichters, zu
verdanken.
Ein markanter Ort in Mittelschweden hat die beiden Dichter verbunden:
Västeras, die alte Stadt am Mälarsee. Gustafsson (geboren 1936) ist hier
aufgewachsen, und Tranströmer (1931 in Stockholm geboren) hat ebenda 35
Jahre lang als Psychologe gearbeitet. In dessen Werk, das sich gerne
dem Meer zuwendet, ist die Provinz Västmanland mit ihren Seen aber wenig
präsent, während sie in Gustafssons späten Gedichten und in seinen
bekanntesten Romanen, «Nachmittag eines Fliesenlegers» beispielsweise
oder «Frau Sorgedahls schöne weisse Arme», einen vielfältig abgestuften
Hintergrund bildet.
In Tranströmers
Dokumentation tritt Lars Gustafsson mehrfach auf: nicht nur als
Briefempfänger, sondern auch als Laudator, so beim Petrarca-Preis, den
Tranströmer 1981 in Vicenza erhalten hat. Er pries den Preisträger dort
als Utopisten des Augenblicks, der um die bedrohte Balance dieses
Augenblicks weiss.
Wie
Tranströmer in seinem Textgefüge gefährdete Momente zu unverrückbaren
Bildern gerinnen lässt, das sind poetische Wunder von Seite zu Seite. So
am Schluss des Gedichts «Goldwespe»: «Aber heute hat mein Blick mich
verlassen. / Meine Blindheit ist gewichen. / Die dunkle Fledermaus hat
das Gesicht verlassen und schert umher / im hellen Raum des Sommers.»
Oder im Zyklus «Schubertiana», der eigentlich in New York angesiedelt
ist: «Die fünf Streicher spielen. Ich gehe durch laue Wälder nach Hause,
der / Boden federt unter mir, / Ich ringele mich zusammen wie ein
Ungeborenes, schlummre, rolle / schwerelos in die Zukunft hinein, spüre
plötzlich, dass die Pflanzen / Gedanken haben.» ... [mehr] https://www.nzz.ch/meinung/literarische-perlen-aus-schweden-gustafsson-und-transtroemer-ld.1499545
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen