Es gibt Gesetze, die sind gut gemeint. Aber sie sind so schlecht
gemacht, dass sie wenig zur Lösung des Problems beitragen, das sie
bekämpfen wollen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz,
verabschiedet 2017, ist so ein Fall. Eigentlich sollte es dabei helfen,
illegale Inhalte schnell aus dem Netz zu entfernen: Hetze, Terror,
Missbrauch, Verleumdung. Das tut es, indem es die Betreiber von Sozialen
Netzwerken dazu verpflichtet, solche Inhalte nach Beschwerden zu
löschen – und zwar möglichst schnell.
Bei vielen, die vor allem
von solchen Inhalten betroffen sind, stieß das Gesetz jedoch von Anfang
an auf Kritik. Nicht das Löschen sei das Ziel, sagte etwa die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg
damals netzpolitik.org. Solche Straftaten müssten auch angezeigt und
verfolgt werden, das war aber im NetzDG nicht beinhaltet. Zudem sah das
Gesetz bislang keine Möglichkeit vor, zu Unrecht gelöschte Inhalte
wiederherstellen zu lassen.
An diesen und weiteren Stellen will das Justizministerium jetzt nachbessern. Ministerin Christine Lambrecht hat heute einen Entwurf zur „Weiterentwicklung“ des NetzDG vorgestellt. Es scheint, als seien viele der Kritikpunkte darin berücksichtigt worden.
Unter
anderem müssen Netzwerke strafbare Inhalte in Zukunft nicht nur
löschen, sondern direkt ans Bundeskriminalamt melden. Die bislang von
den Plattformen häufig eher versteckten Meldewege müssen einfacher und
direkt vom beanstandeten Inhalt aus zu finden sein.
Vor allem aber
sollen Nutzer*innen nun ein Widerspruchsrecht bekommen. Wenn ein
soziales Netzwerk ein gemeldetes Posting gelöscht hat, kann sich
derjenige, der es ins Netz gestellt hat, beschweren und verlangen, dass
es wieder online gestellt wird. Das gilt auch umgekehrt: Wer etwas
meldet, das nicht gelöscht wird, kann ebenfalls von Twitter, Facebook
und Co. eine Überprüfung dieser Entscheidung verlangen.
„Gegenvorstellung“ heißt das in der Sprache des Justizministeriums und
es greift einen der Haupt-Kritikpunkte am NetzDG auf: Plattformen waren
bislang gezwungen, schnell zu löschen, aber nicht dazu gezwungen, auf
Kritik an ihren Entscheidungen zu reagieren.
In der Vergangenheit
gab es immer wieder Berichte von Nutzer*innen, deren Post zu unrecht
gelöscht oder die gleich ganz aus ihren Accounts ausgesperrt wurden, darunter Politiker*innen und Medien wie die Jüdische Allgemeine. Twitter musste sich dafür im Digitalausschuss des Bundestages rechtfertigen. Einige Betroffene wie der Autor Tom Hillenbrand konnten sich erfolgreich vor Gericht wehren. Andere mit weniger Zeit und Geld sahen ihre Accounts nie wieder. ... [mehr] https://netzpolitik.org/2020/mehr-widerspruch-und-mehr-aussagekraft/
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