Alfred Bauer war der erste Leiter der Berliner Filmfestspiele, nach ihm
ist ein Preis benannt. Verliehen wird er vorerst nicht mehr – Recherchen
der „Zeit“ ergaben, dass Bauer ein „eifriger SA-Mann“ war und sein
Vorleben nach Kriegsende systematisch verschleiert hatte.
Nach einem
Zeitungsbericht über die Vergangenheit des früheren Berlinale-Leiters
Alfred Bauer will das Filmfestival den nach ihm benannten Preis nicht
mehr vergeben.
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hatte zuvor berichtet,
Bauer sei ein „hochrangiger Funktionär der NS-Filmbürokratie“ gewesen.
Dem Blatt zufolge arbeitete Bauer zunächst als Referent in der von
Joseph Goebbels 1942 eingerichteten Reichsfilmintendanz.
Weiter
recherchierte die Zeitung, dass Alfred Bauer die personelle Seite der
laufenden Spielfilmproduktion des Dritten Reiches kontrollierte und
überwachte. Sprich, er war demnach verantwortlich für den Einsatz der
Schauspieler, der Regisseure, der Kameramänner und des sonstigen
Filmpersonals. Dies belegen unter anderem Dokumente, die die Zeitung im
Berliner Landesarchiv eingesehen hat.
Bauer war auch an der Entscheidung beteiligt, wer vom Kriegseinsatz
freigestellt wurde und wer in die Rüstungsindustrie oder an die Front
musste. NS-Dokumente bescheinigen Bauer, ein „eifriger SA-Mann“ zu sein.
Zudem war er seit 1. Mai 1937 Mitglied in der NSDAP, außerdem im
Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, im
Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund und in der
Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.
Bislang war all dies unbekannt: Nach dem Krieg verschleierte Bauer, der die Berlinale von
1951 bis 1976 leitete, systematisch seine Vergangenheit.
Mitgliedschaften in NS-Organisationen versuchte er gegenüber den
Entnazifizierungsbehörden zu verleugnen, seine Tätigkeit in der
Reichsfilmintendanz stritt er ab.
Die Berlinale reagierte in ihrer Stellungnahme wie folgt: Die Rolle von
Alfred Bauer würde durch diese Quellen erstmals „neu beleuchtet“.
Demnach habe Bauer bedeutende Positionen in der NS-Zeit innegehabt.
„Angesichts dieser neuen Erkenntnisse wird die Berlinale den ,Silberner
Bär Alfred Bauer Preis‘ aussetzen“, so eine Berlinale-Sprecherin.
Der nach ihm benannte Preis wurde seit 1987 verliehen, zuletzt als eine
von mehreren Bären-Auszeichnungen im Wettbewerb. Im vergangenen Jahr
hatte ihn die Regisseurin Nora Fingscheidt für ihren Film
„Systemsprenger“ bekommen.
„Eine herausgehobene Position Alfred Bauers im Nationalsozialismus war
dem Festival bislang nicht bekannt“, teilte die Berlinale weiter mit.
„Wir begrüßen die Recherche und die Veröffentlichung in der ,Zeit‘ und
greifen die neue Informationslage auf, um die Festivalgeschichte mit
externer fachwissenschaftlicher Unterstützung aufzuarbeiten.“
via https://www.welt.de/kultur/article205457639/Berlinale-setzt-Alfred-Bauer-Preis-nach-NS-Vorwuerfen-aus.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen