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Donnerstag, 30. Januar 2020

Berlinale setzt Alfred-Bauer-Preis nach NS-Vorwürfen aus

Alfred Bauer war der erste Leiter der Berliner Filmfestspiele, nach ihm ist ein Preis benannt. Verliehen wird er vorerst nicht mehr – Recherchen der „Zeit“ ergaben, dass Bauer ein „eifriger SA-Mann“ war und sein Vorleben nach Kriegsende systematisch verschleiert hatte. 
Nach einem Zeitungsbericht über die Vergangenheit des früheren Berlinale-Leiters Alfred Bauer will das Filmfestival den nach ihm benannten Preis nicht mehr vergeben.
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hatte zuvor berichtet, Bauer sei ein „hochrangiger Funktionär der NS-Filmbürokratie“ gewesen. Dem Blatt zufolge arbeitete Bauer zunächst als Referent in der von Joseph Goebbels 1942 eingerichteten Reichsfilmintendanz.
Weiter recherchierte die Zeitung, dass Alfred Bauer die personelle Seite der laufenden Spielfilmproduktion des Dritten Reiches kontrollierte und überwachte. Sprich, er war demnach verantwortlich für den Einsatz der Schauspieler, der Regisseure, der Kameramänner und des sonstigen Filmpersonals. Dies belegen unter anderem Dokumente, die die Zeitung im Berliner Landesarchiv eingesehen hat.
Bauer war auch an der Entscheidung beteiligt, wer vom Kriegseinsatz freigestellt wurde und wer in die Rüstungsindustrie oder an die Front musste. NS-Dokumente bescheinigen Bauer, ein „eifriger SA-Mann“ zu sein. Zudem war er seit 1. Mai 1937 Mitglied in der NSDAP, außerdem im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund und in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.
Bislang war all dies unbekannt: Nach dem Krieg verschleierte Bauer, der die Berlinale von 1951 bis 1976 leitete, systematisch seine Vergangenheit. Mitgliedschaften in NS-Organisationen versuchte er gegenüber den Entnazifizierungsbehörden zu verleugnen, seine Tätigkeit in der Reichsfilmintendanz stritt er ab.
Die Berlinale reagierte in ihrer Stellungnahme wie folgt: Die Rolle von Alfred Bauer würde durch diese Quellen erstmals „neu beleuchtet“. Demnach habe Bauer bedeutende Positionen in der NS-Zeit innegehabt. „Angesichts dieser neuen Erkenntnisse wird die Berlinale den ,Silberner Bär Alfred Bauer Preis‘ aussetzen“, so eine Berlinale-Sprecherin.
Der nach ihm benannte Preis wurde seit 1987 verliehen, zuletzt als eine von mehreren Bären-Auszeichnungen im Wettbewerb. Im vergangenen Jahr hatte ihn die Regisseurin Nora Fingscheidt für ihren Film „Systemsprenger“ bekommen.
„Eine herausgehobene Position Alfred Bauers im Nationalsozialismus war dem Festival bislang nicht bekannt“, teilte die Berlinale weiter mit. „Wir begrüßen die Recherche und die Veröffentlichung in der ,Zeit‘ und greifen die neue Informationslage auf, um die Festivalgeschichte mit externer fachwissenschaftlicher Unterstützung aufzuarbeiten.“

via https://www.welt.de/kultur/article205457639/Berlinale-setzt-Alfred-Bauer-Preis-nach-NS-Vorwuerfen-aus.html

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