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Montag, 20. August 2018

Gedankenexperiment: Was geschähe mit dem Buchmarkt, wenn die Buchpreisbindung wegfiele?

Wir schreiben das Jahr 2030. Vom Schock, als vor zehn Jahren die Preisbindung für Bücher aufgehoben wurde, hat sich der Buchmarkt mittlerweile wieder erholt. Die verbliebenen Verlage, der Geschenke-, Schreib- und Buchwarenhandel, sowie die Vereinigung der Bahnhofskioske melden erstmals wieder steigende Umsätze. Branchenexperten sprechen bereits von einer Renaissance des Buches und bezeichnen den Beinahe-Zusammenbruch des Marktes in 2020 als ein längst überfälliges und reinigendes Gewitter, als einen dringend notwendigen Aderlass für einen ballastfreien Neuanfang.
Die Pleitewelle, der knapp 50 Prozent der Verlage und zwei Drittel des stationären Buchhandels zum Opfer gefallen sind, hat auch den Bildungsdünkel und die überfrachteten Kulturdebatten, die dem Medium Buch seit jeher anhafteten, mit ausgelöscht. Befreit vom antiquierten Bildungsballast konnte das Lesen von Büchern in den letzten Jahren einen enormen Imagewandel verzeichnen und erreicht neuerdings wieder Zielgruppen, die seit Generationen keine einzige Seite mehr gelesen haben.
In Bussen und Bahnen sieht man mittlerweile immer mehr Menschen, die tatsächlich ein Buch in den Händen halten und darin lesen, statt mit verklärtem Bick auf Handhelds und durch Smart-Glasses zu starren. Das liegt zum einen daran, dass billige Unterhaltungsliteratur, die nach wie vor über 80 Prozent des Buchmarktes ausmacht, endlich auch das kostet, was sie wert ist und somit wieder für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich ist. Romane sind statt für 20 Euro jetzt für durchschnittlich 99 Cent oder alternativ zehn Payback-Punkte zu haben. Um der gestiegenen Nachfrage zu begegnen, hat die Thalia-Douglas-Bahnhofskiosk AG ihre Verkaufsflächen in den letzten zwei Jahren um über 200.000 qm erweitert. In den Hauptbahnhöfen von Metropolen wie Berlin, Frankfurt, Hamburg und München sind die modernen 24/7-Filialen mittlerweile rund um die Uhr geöffnet.
Generell hat die Aufhebung der Buchpreisbindung dem Buch völlig neue Absatzkanäle eröffnet. Für viel Aufmerksamkeit hat zum Beispiel die Entscheidung der Edeka-Gruppe gesorgt, die begehrten Treuepunkte durch Treuebücher zu ersetzen. Ab einem Einkauf von 10 Euro gibt es an der Lebensmittelkasse einen Fitzek-Backlisttitel und ab 20 Euro einen Elfen-Roman von Bernhard Hennen dazu. Ganz neu und nur so lange der Vorrat reicht: Von August bis Oktober wird es ab 50 Euro Einkaufswert sogar einen Longlist-Titel des Deutschen Buchpreises zu jedem Einkauf mit dazu geben. Bereits jetzt gilt die Edeka-Treuebücher-Aktion als die erfolgreichste Zugabe-Aktion in der Firmengeschichte des Lebensmittelhandels. Im Netz werden einzelne Edeka-Treuebücher bereits zu Spitzenpreisen gehandelt. Für Edeka Marketing-Vorstand Joachim Ländle ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Buch quer durch alle Bevölkerungsschichten immer noch eine hohe Attraktivität besitzt. „Die Treuebücher sind um ein Vielfaches begehrter, als zum Beispiel Bratpfannen oder Kugelgrills“, so Ländle. Durch den Erfolg der Aktion beflügelt, plant die Edeka-Gruppe bereits die Gründung eines eigenen Verlages. Erste Gespräche mit einer Münchener Literaturagentur, die ihren gesamten Autorenstamm bei Edeka einbringen will, haben bereits stattgefunden. ... [mehr] https://buchrevier.com/2018/08/18/bibliotopia/

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