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Freitag, 31. August 2018

Klassiker für Katzen / Elena Witzeck. In: FAZ 30.08.2018

Es ist erst ein paar Tage her, da wunderten sich stoische Bücherleser, wie eine Diskussion über tippende Eltern im Freibad entbrannte. Das Smartphone, so die Erkenntnis, sei die Wurzel aller Fahrlässigkeit. Manch einer erinnerte sich an die eigenen Eltern und wie sie im Schwimmbad tunlichst Abstand hielten, um sich schnell zu Anna Karenina und ihrem Grafen flüchten zu können und erst kurz vor Badeschluss wieder hinter dem Buchrücken aufzutauchen. Als hätte es diese Art von Alltagsflucht nie gegeben.
Ähnlich apodiktisch geht jetzt der schwedische Möbelhaus Ikea vor. Aus der lebensnah unaufgeräumten Wohnkultur wurden die Bücher verbannt. Das Fachmagazin Buchreport äußerte sich in seiner neuen Ausgabe alarmiert darüber, dass im gerade neu erschienenen Ikea-Katalog Bücher nur noch eine im besten Wortsinn marginale Rolle spielen – als schwarze oder weiße, in Ecken drapierte, titellose Design-Einzelstücke. „Zahlreiche der abgebildeten und explizit als ,Bücherregal‘ bezeichneten Möbel enthalten Wollknäuel, Geschirr und andere Haushaltsgegenstände, aber kein einziges Buch“, hieß es entrüstet.
Sicher, jeder hat schon einmal einen Bücherschrank zweckentfremdet. Man denke nur an die regalfüllenden DVD-Sammlungen lesefauler Lebenspartner, die jede nach Autoren und Stilformen geordnete Buchkollektion durcheinander brachten. Oder an die Hauskatzenangewohnheit, tote Mäuse in ungenutzt gelassenen Fächern zu verstauen. Aber ein Blick in alte, akribisch im Buchregal gesammelte Ikea-Kataloge zeigt, dass „Billy“ früher immer voller Bücher stand, sogar im Kaufhaus selbst, was ja einer von vielen Gründen war, warum man beim Gang durch die Möbelabteilung immer so lange brauchte. Und wenn das erstandene Regal noch so langweilig war und auch beim spießigen Nachbarn stand – zumindest die Auswahl der Titel darin konnte man selbst bestimmen.
Im neuen Katalog findet sich lediglich eine Szene, in der ein Fotomodel umgeben von Bücherstapeln auf dem Sofa liegt: „erschlagen“, wie der Buchreport moniert. Was will uns Ikea damit sagen? War die Angst zu groß, im Jahr Eins nach MeToo und inmitten von Diskussionen über kulturelle Aneignung die falschen Buchtitel zu wählen? „Madame Bovary“ und „Faust“, im vorbildlichen Schweden unerwünscht? Oder wird da symbolisch der Wunsch nach mehr Sein als Haben in Szene gesetzt? Ist das die Lehre aus dem Vormarsch des Digitalen – verpackt in einen millionenfach gedruckten Katalog? ... [mehr] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/neuer-ikea-katalog-ohne-buecher-klassiker-fuer-katzen-15763568.html

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