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Freitag, 6. Juli 2018

Urheberwissenschaftsgesetz: Bibliotheken sind nicht die Wächter des Urheberrechts

Von Jasmin Schmitz

Urheberwissenschaftsgesetz (UrhWissG). Nachdem das Urheberwissenschaftsgesetz im März in Kraft getreten ist, müssen sich die Bibliotheken mit seiner Auslegung befassen. Die Rechtsexperten des VDB empfahlen in einer Fragerunde, die Normen des UrhWissG für die Zwecke der Bibliotheken zu nutzen. Der §60a-h hat die bisherigen Schranken im Urheberechtsgesetz teilweise ersetzt. Eines der größten Defizite des Gesetzes besteht darin, dass es auf fünf Jahre begrenzt ist; nach vier Jahren ist eine Evaluierung vorgesehen. Nutzen die Bibliotheken (und andere im Gesetz benannte Akteure) das UrhWissG in diesem Zeitraum nicht zu ihren Gunsten, dann besteht die Gefahr, dass es außer Kraft gesetzt wird. Ziel muss aber die Entfristung sein.
Paragraph 60e adressiert die Arbeit von Bibliotheken. Ihnen ist jetzt erlaubt, zu Zwecken der Bestandserhaltung Kopien von Werken anzufertigen (Absatz 1). Absatz 2 erlaubt das Verleihen von Vervielfältigungsstücken von Zeitungen aus dem Bestand. In der Diskussion wurde die Möglichkeit der „Leihe ohne Rückgabe“ ins Spiel gebracht. Absatz 4 gestattet Bibliotheken, Nutzenden in den eigenen Räumen Werke aus ihrem Bestand an Terminals zugänglich zu machen. Diese dürfen zudem 10% des Werkes je Sitzung vervielfältigen. Abbildungen und einzelne Beiträge aus derselben Fach- oder wissenschaftlichen Zeitschrift für Forschung und private Studien sind eingeschlossen. Es wurde betont, dass Bibliotheken sich zwar rechtskonform verhalten müssen, sie seien aber nicht die Wächter des Urheberrechts; eine permanente Kontrolle der Nutzenden könne nicht von ihnen verlangt werden.
Bei Absatz 4 ist ferner umstritten, ob technische Barrieren eingebaut werden müssen. Mit Blick auf Absatz 4 und insbesondere Absatz 5 (Übermittlung von Vervielfältigungen zu nicht kommerziellen Zwecken im Rahmen einer Einzelbestellung) wird zudem diskutiert, was unter Fachzeitschriften genau zu verstehen ist. Eventuell kann darunter mehr gefasst werden, als man es zunächst erwarten würde (1).

„Copyright Literacy“. Eine Session beschäftigte sich mit dem in Deutschland noch weitestgehend unbekannten Konzept der „Copyright Literacy“, also der Urheberrechtskompetenz (2). Diese ist definiert als “acquiring and demonstrating the appropriate knowledge, skills and behaviours to enable the ethical creation and use of copyright material.” Im anglo-amerikanischen Raum ist dieses Konzept wesentlich bekannter. Dort sind an Bibliotheken häufig „Copyright Officer“ als Ansprechpersonen zu finden. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Beratung zum Urheberrecht und zu Lizenzierungsfragen, die Formulierung von Handreichungen und die Organisation von Workshops. In einer Befragung der „Copyright Officer“ wurde deutlich, dass diese Position viele Herausforderungen birgt, weil sie häufig mit Einzelfällen zu tun haben und viele Rechtsnormen interpretationswürdig sind. Urheberrechtskompetenz sollte daher im LIS-Studium gelehrt werden.
In der Sitzung „Copyright Literacy“ wurde auch die deutsche Adaption des Brettspiels „The Publishing Trap“ veröffentlicht, das vor allem dem wissenschaftlichen Nachwuchs die Rechtsnormen des Urheberrechts über „Gamification“ näherbringen soll. Die Anpassung an die deutschen Verhältnisse wurde von Mitarbeitern der FH Potsdam und HS Hannover vollzogen. Es gab Gelegenheit, das Spiel auszuprobieren.
Das Konsortium ORCID DE. In der Session „Publikationsoutput II“ des Bibliothekartages wurde über das Deutschland-Konsortium von ORCID berichtet (3). ORCID (Open Researcher and Contributor ID) ist ein numerischer Identifier für die Identifikation von Autoren, der beispielsweise hilft, namensgleiche Autorinnen und Autoren auseinander zu halten und Publikationen eindeutig zuzuordnen. Viele Verlage unterstützen das System, indem sie teilweise die Angabe der iD verpflichtend machen. Auch andere Initiativen (wie zum Beispiel der Kerndatensatz Forschung) sprechen sich für den flächendeckenden Einsatz dieser Autorenidentifikation aus.
Zu einer iD gehört immer eine Profilseite über den Autor, die über seinen beruflichen Werdegang, seine Publikationen sowie über die von ihm eingeworbenen Drittmittel informiert. Was wann sichtbar ist, kann von den Autoren über granulare Sicherheitseinstellungen frei gewählt werden. Im Profil ist stets verzeichnet, aus welcher Quelle die Information stammt
Die Organisation von ORCID ist nicht-kommerziell und wird von über 850 Mitgliedseinrichtungen getragen und finanziert. Bei der Gründung wurden Vorkehrungen getroffen, dass die Organisation nicht von kommerziellen Anbietern aufgekauft werden kann. Derzeit sind weltweit fünf Millionen ORCID-iDs vergeben (davon mehr als 110.000 an deutsche Autoren). Jahr für Jahr nehmen die iDs um eine Million zu. Eine institutionelle Mitgliedschaft im Konsortium soll den Aufwand für das Publikationsmanagement verringern und den Autoren die Profilpflege durch die eigene Einrichtung abnehmen. Die Kosten einer institutionellen Mitgliedschaft im Konsortium betragen etwa 3.500 US-Dollar im Jahr. Der deutsche Ableger hat keinen Einfluss auf die Preisgestaltung.
Das deutsche Konsortium setzt sich aktuell aus 24 Hochschulen, zwölf außeruniversitären Instituten und sechs sonstigen Einrichtungen zusammen. Die Mitgliedschaft im Konsortium bringt in erster Linie eine Zeit- und Kostenersparnis bei der Erfassung und Veröffentlichung des Publikationsoutputs einer Einrichtung mit sich. Mit der Mitgliedschaft erhält man zudem Zugriff auf weitere Schnittstellen, die über die Leistung der „public API“ hinausgehen. Dazu gehören die Möglichkeit zur Synchronisation der ORCID-Einträge mit den Einträgen im eigenen Repositorien sowie die Anbindung von Informationen an die ORCID-Einträge.
In anderen Sitzungen wurden Beispiele zur Umsetzung vorgestellt (4).
Verweise:
(2)   Fabian Franke, Jane Secker, Chris Morrison: Copyright Literacy / Urheberrechtskompetenz: https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/start/3/rows/20/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/secker/docId/3440
(4) Siehe: Frank Lützenkirchen: ORCID und die sich selbst füllende Universitätsbibliographie: https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/start/16/rows/20/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/orcid/docId/3529; Gernot Deinzer: ORCID-Integration in das institutionelle Repositorium der Universität Regensburg: https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/start/8/rows/20/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/orcid/docId/3652

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