Einer der erfolgreichsten Buchtitel stammt von Hans Fallada „Jeder
stirbt für sich allein“. Nichts falscher als das. Vielleicht aber ist es
ganz, ganz am Ende dann doch wahr. Nicht weil die Sterbenden allein
gelassen werden, sondern weil sie mit dem Sterben warten, bis sie
endlich einmal allein sind. Katie Roiphe hat in einem bisher leider nur
auf Englisch vorliegenden Buch („The Violet Hour – Great Writers at the
End“) das Sterben von Sigmund Freud, James Salter, Maurice Sendak, Susan Sontag, Dylan Thomas und John Updike eindringlich beschrieben.
Dylan Thomas (1914-1953) soff sich zu Tode. Nicht allein in
einem verborgenen Kämmerchen. Sondern ein Leben lang in Pubs und Bars.
Als junger Mann hatte er erklärt, alle seine Gedichte seien auf dem Weg
zum Grab entstanden. In der Nacht vom 4. November 1953 lag er total
betrunken im Bett seines New Yorker Hotels, stand um zwei Uhr morgens
auf, schob seine Freundin Liz Reitell, die ihn aufhalten wollte, zur
Seite, kam nach ein paar Stunden zurück, und lallte ihr zu: „Das ist der
Rekord: 18 Whiskeys“. Er kam ins Krankenhaus, verbrachte dort noch drei
Tage im Koma unter einem Sauerstoffzelt.
Ein paar Tage zuvor soll er ihr erklärt haben: „Ich liebe dich, aber
ich bin allein.“ Das war er aber schon immer. Das hatte mit seinem
Sterben nichts zu tun, eher mit seinem Leben zum Tod. Allein war er
definitiv nicht, als er starb. Als er am 9. November 1953 aufhörte zu
atmen, war eine Krankenschwester gerade damit beschäftigt, ihn mit einem
warmen Tuch abzuwaschen. In der deutschen Wikipedia steht, er sei an
einer Lungenentzündung gestorben.
Susan Sontag (1933–2004) hatte den Krebs mehrfach besiegt, sie war
sich sicher, dass sie auch diesmal stärker sein würde als der Tumor.
Niemand weiß, ob sie nicht doch irgendwann einmal dachte, dass es
diesmal das Ende sein könnte. In all den vielen Stunden mit all den
vielen Freunden an ihrem Bett sprach sie niemals auch nur von der
Möglichkeit ihres Todes. Aber vielleicht war, wie ihr Sohn David Rieff
es einmal sagte, einfach weiterzuleben, ihre Art zu sterben.
Als sie am 28. Dezember stirbt, sitzen ein halbes Dutzend Menschen um
sie herum. Ihre Partnerin Annie Leibovitz aber, die in Florida
Aufnahmen machte, kommt zu spät. Sie setzt sich neben die Freundin und
hält der Toten noch lange die Hand.
via http://www.fr.de/kultur/literatur/ueber-das-sterben-grosse-autoren-und-ihr-ende-a-1549006
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