Die erstmalige systematische Untersuchung der Rolle
der Landesministerien im Herrschafts- und Verwaltungsapparat der
NS-Diktatur zeigt, dass deren Bedeutung bislang unterschätzt worden ist:
Zwar verloren die Länder 1934 im Zuge der Verwaltungszentralisierung
ihre Justizministerien; die übrigen Ressorts wurden aber durch die
„Verreichlichung“ nicht marginalisiert, sondern konnten sich
beträchtliche politische Einflussmöglichkeiten erhalten und teilweise
auch neue hinzugewinnen. Das Projekt macht deutlich, wie die teils
zurückhaltende, teils willfährige, teils skrupellose Mitwirkung
zahlreicher Landesbediensteter an der nationalsozialistischen
Herrschaftspraxis die Durchsetzung und Ausgestaltung des „Dritten
Reichs” vor Ort, im sozialen und regionalen Nahbereich, erst ermöglicht
hat.
Im Fokus der Recherchen standen die Biographien der
badischen und württembergischen Ministerialbeamten, die in
unterschiedlichen Funktionen auch an der NS-Repressionspolitik beteiligt
waren. So kam es 1933 nur zu moderaten Eingriffen in den
Personalbestand der Landesministerien – ihre Umwandlung in Werkzeuge der
Diktatur war vielmehr ein Prozess der Selbstgleichschaltung der
Beamtenschaft und Ausdruck eines kollektiven politischen Opportunismus.
So wie bei der nationalsozialistischen Machtübernahme ein
administrativer Elitentausch ausgeblieben ist, hat auch das Kriegsende
1945 keine gravierende Zäsur dargestellt: Einer großen Zahl von
NS-belasteten Ministerialbeamten ist die Rückkehr in den öffentlichen
Dienst Baden-Württembergs und seiner Vorgängerländer gelungen – dies
indes ist keine südwestdeutsche Besonderheit, sondern der bundesweite
Normalfall gewesen, so die Wissenschaftler.
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