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Montag, 27. Mai 2019

Zwischen DSGVO und Uploadfiltern: Das war Europas Netzpolitik der letzten fünf Jahre

Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahren entscheidende Weichenstellungen für die Netzpolitik der Zukunft getroffen – leider nicht immer in die richtige Richtung. Seit der Europawahl 2014, dem Amtsantritt von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der 2015 vorgestellten Strategie für einen digitalen Binnenmarkt blieb praktisch kein Stein mehr auf dem anderen. Die EU verbesserte den Datenschutz und teilte Milliardenstrafen an einige Digitalkonzerne aus, sieht aber zugleich Uploadfilter als Wundermittel gegen alles und vernetzt die behördliche Datensammelei auf bedenkliche Art und Weise. Wir fassen die wichtigsten Meilensteine der vergangenen Jahre zusammen.

Uploadfilter, Terrorfilter und neue Gefahren

Die Urheberrechtsreform der EU schränkt die Bewegungsfreiheit im Netz deutlich ein. Sie zwingt alle EU-Mitgliedstaaten in den nächsten zwei Jahren dazu, Online-Plattformen gesetzlich zum Filtern von Nutzer-Inhalten zu verpflichten. Sie schreibt zudem ein EU-weites Leistungsschutzrecht vor, das selbst kurze Anreißertexte auf Links zu Medienseiten vergütungspflichtig macht.
Die Europäische Union beschloss die Reform im März – trotz erbittertem Widerstand von Netzaktivist*innen. (Hier unsere Chronologie.) Der EU sei es dabei nicht gelungen, dem Urheberrecht ein zeitgemäßes Update zu verpassen und die Interessen einer breiten Schicht von neuen Urhebern zu berücksichtigen, kommentierte netzpolitik.org-Chefredakteur Markus Beckedahl.
Das Urheberrecht setzt zudem ein negatives Vorbild: Ein Vorschlag der EU-Kommission könnte Uploadfilter auch gegen echte oder angebliche „terroristische Inhalte“ vorschreiben. Er soll nach der EU-Wahl beschlossen werden. NGO-Vertreter fürchten zudem, in der nächsten Legislaturperiode könnte eine mögliche Änderung der e-Commerce-Regeln die zwar nicht ganz unproblematischen, aber bewährten Schutzmechanismen für die Meinungsfreiheit im Netz aushebeln.

Datenschutz: Erst große Schritte, dann Stillstand

Starke Betroffenenrechte, einheitliche Regeln für alle in der Europäischen Union agierenden Unternehmen und echte Sanktionsbefugnisse für unabhängige Aufsichtsbehörden – das sind die wohl größten Stärken der 2016 verabschiedeten Datenschutzgrundverordnung. Mit dem Mammut-Gesetz hat die EU nicht nur gezeigt, dass sie in Sachen Digitalisierung sehr wohl Gestaltungsmacht hat, sondern auch den größten zusammenhängen Datenmarkt der Welt geschaffen. Nach einer Übergangsfrist wird die DSGVO seit 2018 angewendet. Legendär war sie schon vorher: Die noch in der vorigen Legislaturperiode begonnen Verhandlungen fanden unter so extremem Druck der Industrie statt, dass sie den denkwürdigen Beinamen als „größte Lobby-Schlacht der EU“ bekam.
Am Ende stand eine Verordnung, der man ihren Kompromisscharakter zwar anmerkt, die aber deutlich den Stempel des EU-Parlaments trägt. Gemeinsam mit der Kommission konnten sich die Abgeordneten in einigen entscheidenden Punkten gegen bremsende Mitgliedstaaten durchsetzen. So wurden unter anderem neue Instrumente wie die Datenschutz-Folgenabschätzung und Privacy-by-Design geschaffen und die etablierten Grundsätze der Zweckbindung und der Datensparsamkeit fortgeschrieben – auch wenn Industrielobbyisten und das deutsche Innenministerium dies gern verhindert hätten. Zu der Geschichte gehört allerdings auch: So epochal die Datenschutzgrundverordnung ist, so groß waren das Kommunikationsdebakel und die Verunsicherung in Deutschland rund um den Stichtag 25. Mai 2018.

via https://netzpolitik.org/2019/zwischen_dsgvo_und_uploadfiltern_eu_netzpolitik/

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