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Montag, 18. November 2019

Travel Risk Map 2019

"2019 ist die Welt nicht unsicherer und nicht sicherer geworden", sagt Martin Bauer, Regional Security Manager der beiden Unternehmen, die am Montag die neue Version der "Travel Risk Map" herausgeben. Tiefrot und mit extrem hohem Sicherheitsrisiko sind darauf Länder wie Jemen, Syrien oder Libyen eingezeichnet. Hoch ist das Risiko etwa in Venezuela und Teilen Indiens, mittel in Brasilien und Südafrika, niedrig in Marokko und Deutschland und unbedeutend in Slowenien oder Dänemark. (Hier geht es zur interaktiven Weltkarte.) 
14 Veränderungen bei der Bewertung auf der Travel Risk Map hätten sich zum Vorjahr ergeben, sagt Bauer dem SPIEGEL:
  • Neun Hochstufungen allein in Afrika: Regionen beziehungsweise Städte in Libyen, Kongo, Mosambik, Burkina Faso und Grenzgebiete gelten nun als risikoreicher, ebenso Honduras und Belize in Mittelamerika.
  • Nicaragua und Teile Mexikos sind dagegen runtergestuft worden. "In Guanajuato etwa ist die mexikanische Regierung deutlich gegen die Drogenmafia vorgegangen", sagt Bauer. "Allerdings gibt es immer noch Ecken in Mexiko, wo die Banden sehr stark vertreten sind. Proteste der Bürgerwehren gegen die Gangs können sich schnell ausbreiten."
2019 haben vor allem die Proteste in Hongkong für viele Anfragen von Firmenkunden gesorgt, sagt Bauer. In der Stadt sei Finanzindustrie aus vielen Ländern ansässig, dementsprechend viele Ausländer wohnen dort.
Auch die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Iran blieben im Blick: Wird es zu einem größeren Konflikt kommen? Gibt es weitere Anschläge auf Ölanlagen? Die Situation "verschafft uns viel Arbeit, weil viele Geschäftsreisende dort vor Ort sind", sagt Bauer. Genauso einige Naturkatastrophen wie Hurrikane, Brände und Überflutungen von den USA über Europa bis Indien.
Für 2020 rechnen die Experten mit steigender Tendenz der Naturkatastrophen, die Gefahrengebiete seien allerdings schwer vorhersagbar. Politisch rechnet der Sicherheitsmanager Martin Bauer mit diesen Unwägbarkeiten:
  • Wahl in den USA: "Die Frage, ob Donald Trump Präsident bleibt oder nicht, kann Auswirkungen nicht nur auf die USA haben - etwa durch Protestaktionen -, sondern auch rund um die Welt." Im Fokus dabei sind die Beziehungen zu Nahost, Nordkorea und China.
  • Gefährdung durch islamistische Gruppierungen: "nicht nur in Nahost, sondern auch in Süd- und Südostasien, Teilen der Sahelzone in Afrika und weiterhin in Europa. Obwohl Abu Bakr al-Baghdadi, Führer des 'Islamischen Staats', von US-Spezialkräften getötet wurde, bleibt die Terrormiliz eine weitere Bedrohung, ebenso al-Qaida. Wir verfolgen auch die derzeitige Auseinandersetzung zwischen dem palästinensischen 'Islamischer Dschihad' und Israel."
  • Bolivien: "Zwar ist der bisherige Präsident Evo Morales zurückgetreten und im Exil in Mexiko. Die sozialen Unruhen könnten aber zu weiteren Protestaktionen im Großteil Südamerikas führen - ähnlich wie beim Arabischen Frühling."
  • Europa: International SOS "verfolgt die politischen Entwicklungen, vor allem solche, die mit sozialen Unruhen verbunden sind - zum Beispiel aufgrund von Klimaprotesten, aber auch verursacht durch die identitären Bewegungen in diversen europäischen Ländern".
  • Russland: "In den letzten Jahren breitet sich das Land sehr viel mehr auf der Weltbühne aus. Gerade ist Russland in Nordsyrien, wo die USA sich zurückgezogen haben, viel stärker vertreten und versucht, weiterhin in Teilen von Nahost und in Teilen Afrikas zu agieren. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Politik der Länder, sondern könnte auch welche für Reisende haben, die nach Russland zum Teil mit russischen Fluggesellschaften fliegen." Bauer erinnert an den islamistischen Anschlag auf eine russische Airbus-Maschine, die mit Urlaubern aus Ägypten zurückflog.
Terroranschläge wie der auf dem Sinai erwecken zwar hohe Aufmerksamkeit - doch das Risiko, davon betroffen zu sein, ist gering. Ganz im Gegensatz zu Gefahren, die Reisende selbst mit im Gepäck haben: "Wenn wir in unsere Statistiken schauen, sind es vor allem die sogenannten Wohlstandserkrankungen wie Schlaganfälle, Herzinfarkte, Thrombosen, die dazu führen, dass wir Patienten evakuieren müssen", sagt Stefan Eßer, Ärztlicher Leiter Zentraleuropa bei International SOS. Zudem auch Unfälle im Straßenverkehr, bei der Arbeit oder in der Freizeit.
"Die Patienten bekommen den Herzinfarkt nicht, weil sie reisen, sondern statistisch während sie reisen", sagt er. "Der einzige Unterschied ist: Wenn man schon das Pech hat, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist man natürlich in Frankfurt besser aufgehoben als in Ouagadougou, wo die Versorgung desaströs ist."
Auf der Travel Risk Map spielen bei der Bewertung der medizinischen Risiken daher Faktoren wie Gesundheits- und Rettungssysteme, Verfügbarkeit von Medikamenten neben der Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Malaria und Cholera eine Rolle.
  • Sehr hoch sei zum Beispiel das Malaria-Risiko in Westafrika, sagt Eßer, der immer überrascht sei, wie viele Leute beruflich etwa in den Senegal, Kongo oder nach Mali müssten. Oft werde die Prophylaxe allerdings nicht durchgeführt, die Patienten müssten dann ausgeflogen werden.
  • Ebola würde immer wieder in der Demokratischen Republik Kongo ausbrechen - allerdings seien davon weniger Reisende betroffen.
  • Insgesamt sehen die Experten eine Ausbreitung von Denguefieber. Und auch des Zika-Virus - noch sei aber nicht bestätigt, ob Infektionen damit wirklich häufiger vorkommen oder nur die Aufmerksamkeit höher sei, sagt Eßer.
Deutliche Verbesserungen bei den Gesundheitssystemen innerhalb der letzten Jahre sieht der Mediziner zum Beispiel in der Türkei, Tunesien und Marokko. Auch in Algerien - bisher mit hohem medizinischen Risiko eingestuft - gibt es zumindest in den Städten im Norden gute private Einrichtungen. "In den osteuropäischen Ländern wie Bulgarien und Rumänien sehen wir einen langsamen, aber kontinuierlichen Anstieg in den letzten 10, 15 Jahren", sagt Eßer.
Zwar gebe es auch in Rumänien mäßig oder schlecht versorgte Regionen. Beeindruckt zeigt sich Eßer aber von einem Rettungssystem in der Hauptstadt Bukarest. "Aus den Krankenwagen werden zum Beispiel EKGs über Telemedizin in die Uni-Krankenhäuser geschickt. So weiß der leitende Notarzt, welche herzmedizinischen Probleme in den nächsten 20 Minuten in der Klinik eintreffen und kann entsprechend Rettung und Personal organisieren." Das gebe es selbst in Deutschland nur selten. 

via https://www.spiegel.de/reise/aktuell/risiko-karte-fuer-geschaeftsreisende-2019-wie-sicher-ist-die-welt-a-1296154.html



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