Lange schmückten sich ethnologische Museen mit ihren Schätzen. Inzwischen wissen sie, dass viele Objekte auf unguten Wegen
in ihre Sammlungen gelangten und man sie nicht mehr so ausstellen kann,
wie es jahrelang Praxis war. „Überall stellen sich Fragen von
Kolonialität und wie man mit dem schwierigen Erbe umgeht“,
sagt Lutz Nitsche von der Kulturstiftung des Bundes. 3,3 Millionen Euro
hat die Stiftung zur Verfügung gestellt, damit drei deutsche
ethnologische Museen Strategien entwickeln können, die das „europäische
Hegemoniedenken“ überwinden, so Nitsche, und wie man Fremdheit positiv
für das gesellschaftliche Miteinander nutzen kann.
Das Stuttgarter Linden-Museum
ist eines der drei geförderten Häuser und hat nun das „Linden LAB“
eröffnet, einen Raum, in dem stattfinden soll, was sich jetzt noch gar
nicht so genau benennen lässt. „Wir wollen Dinge ausprobieren, Fehler
machen und mit ganz unterschiedlichen Leuten diskutieren“, sagt die
Direktorin Inés de Castro. Im „Linden LAB“ könnten Workshops
stattfinden, Performances, Gespräche oder Präsentationen, je nach Thema.
So will das Museum beispielsweise Stuttgarter einladen, die aus
Afghanistan stammen oder Beziehungen dorthin haben. Sie sollen über
Bestände sprechen, die in einem Flüchtlingslager von einem Privatsammler
gekauft wurden. Ziel ist, Wege zu finden, „wie wir mit dieser
Unrechtsherkunft umgehen“, so de Castro. Derzeit sind auch vier Gäste
aus Myanmar im Linden-Museum und beschäftigen sich mit den Zeugnissen
ihrer Kultur.
Bei den Themen, die im Laboratorium verhandelt werden sollen, sind
häufig die Stuttgarter gefragt. Auf einer Postkartenwand können sie
schon jetzt hinterlassen, was sie sich von einem ethnologischen Museum
wünschen. Außerdem wird das Linden-Museum Befragungen von Besuchern und
Nichtbesuchern durchführen. Ein weiteres Thema ist die
Provenienzforschung und die Frage, wie man das Wissen über die Herkunft
einzelner Objekte in Ausstellungen vermitteln kann.
Auch wenn noch nicht entschieden ist, wo das Linden-Museum einen Neubau erhält,
will de Castro schon jetzt über das Profil eines neuen Museums der
Kulturen nachdenken und zeigen, wie wichtig solche Häuser „für die
Gesellschaft und das Zusammenleben der Kulturen“ sind. Schließlich
stammten die Sammlungen aus Kulturen jener Menschen, „die heute unsere
Mitbürger sind.“ Im Bildungssystem wisse man wenig über diese Kulturen,
sagt de Castro, weshalb die Museen eine wichtige Aufgabe hätten, „denn
wir haben die Sammlungen dazu.“
via https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.die-zukunft-des-linden-museums-probelauf-fuer-das-haus-der-kulturen.264e1585-1b7a-427d-9e15-6c812b8f4803.html
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