Die jüngst eröffnete Schau mit dem Titel
„Lachen.Kabarett“ ist die erste seit dem Abschied Ulrich Raulffs und
unter der Ägide der neuen Direktorin Sandra Richter, sie könnte als
richtungweisend verstanden werden. Andererseits wird sie bewusst als
„Improvisationsausstellung“ angekündigt, als lockerer Einstands-Einwurf.
Kuratiert wurde sie von der zurückgekehrten Museumsleiterin Heike
Gfrereis unter ausdrücklicher Einbindung aller Mitarbeiter, die
„Lieblingsobjekte“ dafür vorschlagen durften. Entsprechend bunt
zusammengewürfelt wirkt die Mischung, bei der man Memory mit den Fotos
lachender Autoren spielen kann oder Folien auf Tageslichtprojektoren
legen, die von Selbstkarikaturen Friedrich Schillers und Eduard Mörikes
(als „Schinkengesicht“) über Hugo Balls dadaistisches Kostüm bis zu Kurt
Tucholskys „Reisegott“ namens „Zippi“ reichen, bei dem es sich um eine
von ihm wohl allzeit mitgeführte Gummipuppe handelt.
Nicht nur, weil in diesem Fall das Original
fast zerbröselt ist, sondern programmatisch werden in der Ausstellung
keine Originale gezeigt, bewusst gebe es „keine festen Vitrinen und kein
festes Mobiliar, keinen vorgegebenen Weg, keinen Anspruch auf
irgendeine Art von Vollständigkeit, keinen übergeordneten höheren Sinn“:
Dieses geradezu dekonstruktivistische Programm passt vielleicht ganz
gut in ein Museum der Moderne, und doch ist es auch schade, wenn man
etwa von einem auratischen Objekt wie Christian Morgensterns zu einem
veritablen Henkersbeil geformtem Buch mit Galgenliedern (siehe unser
Bild) nur ein Simulacrum sehen kann, wissend, dass ein paar Meter weiter
hinter dicken Betonwänden des Marbacher Schutzbunkers das Original
liegt.
Hübsch bis absurd sind eine Reihe von auf alten Kassettenrecordern
abspielbare Tondokumente, in denen etwa Joseph Beuys Arnold Gehlen
fragt, wie er denn eine „Revolution ohne Lachen“ machen wolle, oder
Bertolt Brecht vor dem berüchtigten McCarthy-Ausschuss für
„unamerikanische Umtriebe“ den ihn Befragenden verrückt macht, indem er
beharrlich die Übersetzung eines Brecht/Weill-Songs für falsch erklärt.
Der ernstere Anspruch ist, mit Bezug auf das Kabarett die Geschichte vom
befreienden Lachen der „Überbrettl“-Zeit zum zynischen Lachen des 20.
Jahrhunderts nachzuzeichnen, das etwa den Chefredakteur der
Satirezeitschrift „Ulenspiegel“ ins KZ Buchenwald bringt. Danach kann es
nur noch darum gehen, wie man „trotzdem lacht“. Man muss es allerdings
auch nicht erzwingen, darf sogar mal etwas von Robert Gernhardt für
nicht so genial halten (so die loriothaft altbackene Gedichtparodie
„Sonette find ich so was von beschissen“) und es sich einfach
verkneifen.
Die Frage nach dem „wie“ der Präsentation ist immer eine
Geschmacksfrage. Für das Museum zählt letztlich am meisten, ob es ihm
gelingt, Menschen für sich zu interessieren – das wird, auch dank eines
reichen Begleitprogramms im Sommer, hoffentlich der Fall sein. Für das
Archiv entscheidend ist die Frage nach dem „was“. Hier darf man gespannt
beobachten, ob Marbach zwischen zuletzt erworbenen
Professoren-Nachlässen und Philosophen-Vorlässen, zwischen
Computerspielen und erbsenzählerischen Projekten der Digital Humanities
zukünftig sein Kerngebiet nicht aus den Augen verliert: die Literatur.
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