John Magufuli, der Präsident Tansanias, ist ein bekennender und
praktizierender Katholik. Als er 2015 um das höchste Staatsamt kämpfte
und die tansanische Bevölkerung von sich überzeugen wollte, machte er
Wahlkampf mit dem Gebet, stellte seine Gläubigkeit zur Schau. Magufuli
gewann die Wahl und wurde vor gut drei Jahren vereidigt. Wenn, wie in
diesem Fall, ein praktizierender Christ an die Macht kommt, wird in
westlichen Staaten niemand nervös. Hätte Magufuli so demonstrativ zu
Allah gebetet, wie er seinen katholischen Glauben praktiziert, wäre die
westliche Staatenwelt vermutlich weniger gelassen gewesen. Nach seiner
Wahl galt Magafuli zunächst als Hoffnungsträger, in Tansania selbst und
im Ausland. Seine religiös fundierte Moral schien zu einer segensreichen
politischen Rigorosität zu führen. Magufuli griff hart gegen Korruption
und Vetternwirtschaft durch. Er schien der richtige Mann zu sein, um
die maroden Staatsfinanzen zu sanieren. Er wurde als Vorbild für den
Kontinent gepriesen.
Aber mit der Zeit verschwand der Segen, was blieb, war die Moral. Im
September erklärte Magufuli seinen verblüfften Zuhörerinnen und
Zuhörern, Frauen, die zur Geburtenkontrolle griffen, seien nur zu faul,
eine Familie zu ernähren. „Ich bin nach Europa und in andere Regionen
gereist und habe dort die schädlichen Folgen der Geburtenkontrolle
erlebt“, berichtete er. „Einige Länder leiden jetzt unter dem Rückgang
ihrer Bevölkerung.“ Nun muss Tansania genau das nicht fürchten. Bei
einem Bevölkerungswachstum von gut drei Prozent ist das Land schon jetzt
bei weitem damit überfordert, genug neue Jobs für den Nachwuchs zu
schaffen. Fast jeder zweite Tansanier ist jünger als 15 Jahre, jedes
Jahr drängen 800 000 junge Leute zusätzlich auf den Arbeitsmarkt. Schon
jetzt lebt ein Drittel der gut 50 Millionen Einwohner nach Angaben der
Weltbank in Armut. Die Menschen können also trotz allen Fleißes ihre
Familien faktisch kaum ernähren.
Magufulis praktizierter Katholizismus treibt ihn nicht nur zu derart
bizarren Meinungsäußerungen, sondern auch zu Dekreten, die von
religiöser Eiferei geprägt sind. So hat er den Schulbesuch von
schwangeren Mädchen und ledigen Müttern verboten. Das Verbot wird
rigoros durchgesetzt. Lehrer, die sich dem widersetzen, müssen mit
Disziplinarmaßnahmen rechnen. Homosexualität ist bereits illegal und
kann mit bis zu 30 Jahren Haft bestraft werden.
Seit Magufulis Wahl zum Präsidenten hat die
Anti-Homosexuellen-Rhetorik drastisch zugenommen. Magufulis Regierung
will nun noch weiter gehen. In der Wirtschaftsmetropole Dar es Salaam
wurde im Oktober eine Spezialeinheit zur Verfolgung von Homosexuellen
gebildet. Der Hochkommissar für Dar es Salaam, Paul Makonda, forderte
die Bevölkerung auf, als Schwule verdächtigte Männer den Behörden zu
melden. Makonda erklärte, Homosexualität sei gegen den Willen Gottes. Er
hat bereits in der Vergangenheit zur Verfolgung von Lesben, Schwulen,
Bi- und Transsexuellen aufgerufen. Zwar reagiert die EU und hat
angekündigt, ihre finanziellen Zuwendungen zu überdenken. Und die
Weltbank hält einen Kredit für ein Bildungsprojekt in Höhe von 300
Millionen US-Dollar zurück. Aber vermutlich wäre die Empörung noch
massiver, wenn der religiöse Hintergrund dieser lebensfeindlichen Moral
ein islamischer wäre. ... [mehr] https://www.ipg-journal.de/regionen/global/artikel/detail/christliche-naechstenhiebe-3171/
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