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Montag, 2. März 2020

Medienstaatsvertrag: Zweifel an Vereinbarkeit mit geltendem Urheberrecht

Im Dezember 2019 hatten die Ministerpräsidenten der Länder den neuen »Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland« (sog. Medienstaatsvertrag) und damit die Ablösung des seit 1991 geltenden Rundfunkstaatsvertrages beschlossen. Der neue Staatsvertrag gilt künftig nicht nur für Sender und Medienanbieter, sondern auch auch für sogenannte Medienintermediäre, d.h. insbesondere für Suchmaschinen wie Google, soziale Netzwerke wie Facebook und Plattformen wie YouTube oder Netflix und soll dem digitalen Wandel Rechnung tragen. 
Ein Passus des Medienstaatsvertrags sorgt aktuellen Medienberichten zufolge jedoch für neuen Unmut: Nach § 94 dürfen Medienintermediäre »zur Sicherung der Meinungsvielfalt (...) journalistisch redaktionell gestaltete Angebote, auf deren Wahrnehmbarkeit sie potenziell besonders hohen Einfluss haben, nicht diskriminieren«. Eine Diskriminierung liegt demnach vor, wenn »ohne sachlich gerechtfertigten Grund« von den zu veröffentlichenden Transparenzkriterien zugunsten oder zulasten eines bestimmten Angebots systematisch abgewichen wird oder diese Kriterien Angebote unmittelbar oder mittelbar unbillig systematisch behindern«. Laut einem »Heise Online« vorliegenden Entwurf für die Begründung des Medienstaatsvertrags gelte auch das »rechtstreue Verhalten eines Medienintermediärs« als sachlich gerechtfertigter Grund in diesem Sinne. Wenn in den Suchergebnissen bestimmte Angebote nicht angezeigt werden, weil der Betreiber diese »aufgrund urheber- bzw. leistungsschutzrechtlicher Regelungen nicht vergütungsfrei anzeigen darf oder kann«, sei dies ein Rechtfertigungsgrund. 
Die Verwertungsgesellschaft VG Media weist laut »FAZ Online« in einem aktuellen Schreiben an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten darauf hin, dass dieser Passus »aus Sicht aller Inhaber von Urheber- und Leistungsschutzrechten mit geltendem Urheberrecht unvereinbar« sei und die Kompetenzen der Länder überschreite. Die vorgesehene Ausnahmeregelung konterkariere die »Durchsetzung unionsrechtlicher vorgegebener und bundesgesetzlich vorgeschriebener urheber- und leistungsschutzrechtlicher Positionen«. 
Wie »FAZ Online« berichtet, wollen sich die Rundfunkreferenten der Länder am 4. März mit dem Entwurf des Medienstaatsvertrags und seiner ausformulierten Begründung abschließend beschäftigen. Danach erst soll er zur Unterschrift an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gehen. Angedacht war ursprünglich die Unterzeichnung des Medienstaatsvertrags in der Sitzung der Ministerpräsidenten im März 2020. Derzeit liegt der Vertragsentwurf jedoch zur Prüfung bei der Europäischen Kommission. Er wurde Medienberichten zufolge erst Ende Januar der EU-Kommission zur Notifizierung übermittelt. Bis Ende April gelte daher die sogenannte Stillhaltefrist, innerhalb der der betreffende Staat den Entwurf nicht annehmen darf. 
Aufgrund der Vorgaben der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) soll der Medienstaatsvertrag bereits im September 2020 in Kraft treten. 

Dokumente:

via http://www.urheberrecht.org/news/6308/

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