Die „goldenen zwanziger Jahre“ sind eines der historischen
Schlagwörter, die so populär sind, dass jede und jeder sie versteht.
Auch wenn wir uns selbst schon in den zwanziger Jahren befinden und
damit hundert Jahre nach den Goldenen Zwanzigern der Weimarer Republik,
so wird dieses Schlagwort sicher mit den 1920er Jahren verbunden
bleiben. Die „goldenen Zwanziger“ sind in vielerlei Hinsicht ein
Euphemismus. Sie umfassten eigentlich nur fünf Jahre, die relativ
krisenfrei waren, und für viele Menschen waren es zumindest aus
wirtschaftlicher Perspektive keine „goldenen“ Jahre. Was heute mit
diesem Schlagwort verbunden wird, sind Themen wie eine große Liberalität
in der Gesellschaft, neue Ausprägungen von Kultur und Kunst und vor
allem die rechtliche Gleichstellung der Frauen mit den Männern. Die
„goldenen Zwanziger“ sind in der Betrachtung meist aus einer Perspektive
der Großstadt geprägt. Der ländliche Raum wurde und wird dabei häufig
vergessen, auch in der Forschung, was meist an der schlechteren
Quellensituation liegt. Der Aufbruch auf dem Land, die zwanziger Jahre der Weimarer Republik, kann nun in den digitalisierten Jahrgängen des „Sächsischen Bauernkalenders“
nachempfunden werden. Horst Höfer, der Redakteur der Zeitschrift und
Autor der stets launigen Geleitwörter jedes Jahrgangs, räumte mit den
in den früheren Landwirtschaftskalendern verbreiteten Rubriken wie den
Wetterregeln gründlich auf und konzipierte eine Zeitschrift für den
ländlichen Raum, die im besten Sinne des Wortes modernen Inhalts war.
Neben den landwirtschaftlichen Themen, die nichts mehr mit den früher
gern gebrachten Praxistipps für Bauern zu tun hatten, öffnet sich der
Bauernkalender vielen Themen: Neu errichtete Schulgebäude werden vorgestellt, viele Bilder und Texte zu modernen Großkraftwerken wie Hirschfelde,
zu Landschaften und zu sächsischen Rittergütern finden sich in der
Zeitschrift; von letzteren so viele, dass dies Höfer im Geleitwort für
1928 humorvoll rechtfertigen musste. Diese Schilderungen zeigen heute
die Jahre des Aufbruchs nach 1919 auf den Gütern, die seit 1945 nicht
mehr existieren.
via https://blog.slub-dresden.de/beitrag/2020/02/17/wenn-der-hahn-kraeht-saechsischer-bauernkalender-aus-den-goldenen-zwanzigern-digital/
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