Kann
die Stadt die Vermüllung des Stadtgartens wirklich in den Griff
bekommen? Spätestens im Sommer droht der Park bei der Bücherei wieder
zur Partyzone zu werden.
STUTTGART.
Das
waren peinliche Schlagzeilen im Oktober 2018: „Ratten fressen sich
durch die Unibibliothek Stuttgart“oder „Zahlreiche Bücher von Ratten
zerstört“. Peinlich für die Universität, peinlich aber auch für viele
andere Akteure. Dass der Bücherbau an der Kriegsbergstraße schwer in die
Jahre gekommen ist, das ist offensichtlich. Aber auch drum herum, im
Stadtgarten, hat sich längst nicht alles so gut entwickelt, wie man es
als Bürger erwartet. Peinlich war die Sache aber auch für das städtische
Amt für Abfallwirtschaft (AWS), das zuständig für die Reinigung des
Parks ist. Genauso peinlich war es aber auch für die gesamte
Stadtverwaltung, die schon seit vielen Jahren eine Neugestaltung des
Stadtgartens verspricht, aber bis heute keine Taten folgen lässt.
Und
die Universität? „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, so der
Unisprecher Hans-Herwig Geyer. „Wir haben die Räume umfassend gesäubert
und gereinigt, haben viele undichte Stellen am Gebäude entdeckt, die wir
abgedichtet haben.“ Man habe auch noch viele andere Stellen vorsorglich
geprüft. Geyer ergänzt: „Wir können jetzt sagen: Es ist seitdem alles
dicht geblieben, es sind keine Ratten mehr im Bibliotheksgebäude
aufgetaucht.“ Freilich gibt auch er zu bedenken: „Das Gebäude ist schon
ziemlich in die Jahre gekommen. Wir sind deshalb sehr froh, dass seitdem
nichts mehr passiert ist in Sachen Rattenbefall.“
Und
was bleibt den Studenten? Rund 7800 Bände oder anders ausgedrückt etwa
200 Regalmeter Bücher sollen die Ratten zerstört haben, vor allem soll
es sich um sozial-, wirtschaftsund rechtswissenschaftliche Literatur aus
den 1960er und 1980er Jahren gehandelt haben. Der Schaden wurde damals
auf 200.000 Euro beziffert. Wurden die nun ersetzt?
Geyer
erklärt: „Wir behandeln das im Rahmen unseres ganz normalen
Einkaufshaushalts, da gibt es keinen extra Posten“. Das heißt für den
Unisprecher konkret: Am Anfang stehe die Frage, ob und welche der
zerstörten Bücher überhaupt noch angefragt werden von den
Bibliotheksbenutzern zum Lesen vor Ort oder zur Ausleihe. Und dann komme
die Frage, wie aktuell und wissenschaftlich relevant dieses Werk noch
sei, ob es der herausgebende Verlag überhaupt noch in seinem Programm
habe oder ob dieses inzwischen nur noch auf dem Antiquariatsmarkt zu
haben sei. Und da sei natürlich die Einschätzung wesentlich, ob dafür
bereits Liebhaber- oder Sammlerpreise verlangt werden.
Entwarnung
kommt auch von der Stadt. „Das Amt für Abfallwirtschaft reinigt den
Stadtgarten regelmäßig. Im Zuge des Konzepts ‚Sauberes Stuttgart’ wurden
die Reinigungszeiten im Jahr 2019 erhöht. Seitdem wird die Anlage
wöchentlich zweimal gereinigt“, sagt Ann-Katrin Keicher, Sprecherin der
Stadt. Dazu gehöre, dass Abfallkörbe geleert und Gehwege maschinell
gereinigt. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und vieles abgedichtet", sagt Hans-Herwig Geyer, der Unisprecher. Außerdem sei eine vierköpfige Kolonne mit Besen, Greifzange und
Schaufel aktiv. Verschmutzungen, die kurzfristig anfallen, reinige die
AWS bedarfsweise und sobald ein Fall gemeldet wird, so Keicher.
Ist
jetzt also alles wieder in Ordnung? An eine Zukunft der jetzigen
Unibibliothek mag niemand so recht glauben, erst recht nicht die
Universität selbst. Lieber wird von einem Neubau geredet. Doch der
findet derzeit noch ausschließlich in den Planerstuben statt. Keine Rede
ist von Machbarkeitsstudien, von Zeitplänen, gar von einem Wettbewerb.
Dem
Stadtgarten blüht dagegen nach wie vor eine rosige Zukunft – als
Patientengarten des Katharinenhospitals. Denn am zentralen Klinikum der
Stadt wächst Stück für Stück der Neubau. Und dann wird irgendwann die
daran vorbeiführende Kriegsbergstraße – jetzt noch sechsspurig –
drastisch verschmälert zu einer Art Anliegerstraße. Aber der Zeitplan
ist noch recht unkonkret. Das könne noch dauern bis zur Umsetzung, heißt
es.
Näher liegt freilich die Frage, ob
die AWS die Müllmengen im Stadtgarten wirklich in den Griff bekommt,
wenn absehbar spätestens im Sommer einige Stadtbewohner den Park wieder
als Partyzone missbrauchen. Da sind auch die Ordnungshüter gefordert,
dafür zu sorgen, dass dies ein Erholungsraum für alle Bürger bleibt.
Denn
die Ratten folgen ihrer eigenen Logik. „Baustellen zerstören die
Lebensräume von Ratten, Mäusen und Insekten. Deshalb suchen sie sich
neue Bereiche“, erklärt der Stuttgarter Schädlingsbekämpfer Stephan
Burkhardt. Das kann nach seinen Erfahrungen schon eine Querstraße weiter
sein. Bei Großbaustellen wie Stuttgart 21 sind die Ausweichbewegungen
der Tiere entsprechend größer. Und: „Es wird viel zu viel Müll einfach
weggeworfen, er wird häufig nicht in geschlossenen Tonnen aufbewahrt.
Und es werden zu viele Lebensmittel in den Toiletten weggespült, die so
in die Kanalisation geraten“, sagt Burkhardt. Das seien alles optimale
Nahrungsquellen für Ratten.
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