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Sonntag, 8. Dezember 2019

Spekulationen im Indikativ / Thomas Thiel. FAZ 06.12.2019 - Replik auf Peter-André Alt und Jens-Peter Gaul zur DEAL-Diskussion

Peter-André Alt und Jens-Peter Gaul, Präsident und Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), sind nicht einverstanden mit der Kritik, die vor zwei Wochen an dem Deal-Projekt geübt wurde. Sie halten sie für irreführend und „komplett falsch“. Der kritisierte Text vertrat die These, dass das von der HRK geleitete Deal-Projekt die Macht der drei Oligopolverlage, die sie eigentlich beschränken will, in Wirklichkeit stärke – zum Nutzen der Verhandlungsführer und zum Schaden der Wissenschaftler.
Alt und Gaul reklamieren den Fortschritt für sich und unterstellen der Kritik Status-quo-Denken. Am unvollkommenen Zustand des heutigen Publikationsystems lässt der beanstandete Artikel allerdings keinen Zweifel, er sieht aber keine Wende zum Besseren, wenn man durch exklusive Verhandlungen die Macht derer stärkt, die der Wissenschaft, auch nach Ansicht der Deal-Akteure selbst, am meisten schaden: Wiley, Springer Nature und Elsevier.
Dafür genügt ein kurzer Vergleich. Die drei Großverlage, die den wissenschaftlichen Publikationsmarkt beherrschen und die Bibliotheken mit Preisdiktaten erpressen, erwirtschaften Renditen von dreißig bis vierzig Prozent. Kleine und mittelständische Verlage sind demgegenüber schon mit Renditen von fünf und zehn Prozent hochzufrieden, womit nicht behauptet sein soll, dass sie nie auf dem Rücken der Wissenschaft wirtschaften. Es rächt sich jedoch, dass die Deal-Gruppe zu der Unterscheidung verschiedener Verlagstypen nie bereit war und stattdessen ein Drohbild schuf, dessen Opfer nun die Wissenschaft wird, die dem Oligopol in Zukunft noch mehr als zuvor ausgeliefert sein wird.
Alt und Gaul nehmen für sich in Anspruch, für die Wissenschaftler zu sprechen, und halten die Kritik an einer Funktionärsbürokratie, die gegen die Interessen der Wissenschaft entscheidet, für irreführend. Der Vertrag mit Wiley ist allerdings selbst ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Interessen von Wissenschaftlern und Funktionären nicht zwangsläufig decken. Wiley werden darin unter anderem fünfzig Workshops pro Jahr und den Deal-Mitgliedern Horst Hippler und Gerard Meijer die Führungsrolle beim Aufbau eines neuen Flagship-Journals zugesichert. Reagieren diese Gründungen auf ein Interesse aus der forschenden Wissenschaft? ... [mehr] https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/macht-der-grossverlage-replik-auf-peter-andre-alt-und-jens-peter-gaul-16516001.html

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