Sind Hochschullehrer unantastbar oder müssen sie sich der Bewertung
durch Studierende und Kritik übergeordneter Gremien stellen? Diese Frage
hat ein unter Druck geratener Hochschullehrer aufgeworfen, der vor dem
Verwaltungsgerichtshof auf seine Wissenschafts- und Lehrfreiheit pocht.
Der Dozent der Hochschule Konstanz - Technik, Wirtschaft und Gestaltung
will erreichen, dass die Ergebnisse der verpflichtenden Bewertung der
Lehrleistung nur der betroffene Dozent erhält und sich auf dieser Basis
weiterentwickeln kann.
Bei Weitergabe an Fakultätsrat und Studiendekan sieht er nach eigenen
Worten seine Lehrfreiheit massiv beeinträchtigt und Datenschutzrechte
verletzt. Bei der Verhandlung am Donnerstag in Mannheim berichtete der
Jura-Professor von unangenehmen Gesprächen mit dem Studiendekan und
davon, dass ihm ein «Fach weggenommen» worden sei. Vor diesem
Hintergrund komme es unweigerlich zu Veränderungen in der Lehre. «Ich
habe das selbst erlebt.»
Derzeit bekommen auch Fakultätsrat und Studiendekan die Ergebnisse zu
Gesicht. Da das für die originären Aufgaben des Studiendekans
irrelevant sei, könne nur dahinter stecken, diesen Einfluss auf die
Dozenten zu sichern. Deshalb will der Professor im
Normenkontrollverfahren die Evaluationssatzung der Hochschule vom
Gericht für unwirksam erklären lassen. Die Hochschule hält - anders als
ihr Dozent - den Eingriff in die Lehrfreiheit durch Evaluation für
«nicht besonders intensiv».
Das
Gericht legte der Hochschule nahe, Unschärfen in ihrer Satzung
auszubügeln. So will die Hochschule nach Worten ihrer Rechtsanwältin die
Formulierung, die «Studiengänge» seien für die Bewertung zuständig,
durch konkretere Begrifflichkeiten ersetzen. Der Senat sieht anders als
der Hochschullehrer kein Defizit bei der rechtlichen Grundlage der
Satzung. Das Landeshochschulgesetz sehe ein Qualitätsmanagementsystem
vor, an dem die Studierenden durch die Evaluation zu beteiligen seien.
Das Grundrecht der Studierenden auf Berufsfreiheit und die daraus
resultierenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung ihrer
«Ausbildungsstätte» stünden über der Wissenschaftsfreiheit. Das Urteil
erfolgt schriftlich (Az. 9 S 838/18). Aus Sicht der Studenten selbst ist
die Evaluation ein wichtiges Mittel zur Verbesserung der Lehre, doch an
der Umsetzung der daraus resultierenden Erkenntnisse hapere es. Die
Bewertung habe Mängel wie Frontalunterricht, langweilige
Tafelaufschriebe und wenig Interesse an digitalen Angeboten nicht
abgestellt, sagte der Sprecher der Landesstudierendenvertretung, Andreas
Bauer.
Auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sieht
Lehrevaluationen als wichtiges Instrument der Qualitätssicherung an.
«Wir brauchen mehr Feedbackkultur, nicht weniger. In der Wissenschaft
ist dieses Thema der Rückmeldung auch üblich und fest etabliert.»
Auch nach Überzeugung des Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz,
Bernhard Eitel, ist die Bewertung der Lehrleistung ein probates Mittel
für bessere Lehre, das weitgehend und ohne Beanstandungen von beiden
Seiten genutzt werde. «Es geht um gute Bedingungen für Studierende,
nicht um das Drangsalieren von Wissenschaftlern», so der Heidelberger
Uni-Rektor.
Studentenvertreter Bauer will die Befragung beibehalten, aber
grundsätzlich reformieren. So sei die Ausgestaltung der Fragebögen durch
die Dozenten selbst problematisch. «Da werden zum Teil Suggestiv-Fragen
gestellt und Freifelder für Kritik fehlen», sagte der
Informationstechnik-Student der Uni Mannheim. Die Antworten würden dann
vom Dozenten selbst ausgewertet. «Was dann in der mit Dozenten und
Studenten besetzten Studienkommission und beim Dekanat ankommt, stammt
nicht mehr aus einer unabhängigen Quelle.» Das Dekanat, die Leitung
einer Fakultät, oder die Studierendenvertreter sollten die Evaluation
konzipieren - nicht die zu Beurteilenden selbst.
dpa
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