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Dienstag, 12. März 2019

Literarische Werke haben einen Preis. Nur sehen Autorinnen und Autoren wenig von dem Geld

Es ist ein trauriges Bild, wenn zwei Bettler sich um ein Stück Brot streiten. Man will sich abwenden, um das Schauspiel nicht mit ansehen zu müssen, dabei sollte man sich eher fragen, ob man den beiden nicht ein zweites Stück Brot geben könnte, um den Kampf zu beenden. Denn hässlich ist nicht ihr Streit, hässlich ist, dass nicht genug Brot für beide da ist.
Ich gebe zu, das Bild ist etwas drastisch, wenn es um das Vermietrecht der Bibliotheken geht. Weder unsere Bibliotheken hungern noch ich oder meine Kolleginnen und Kollegen. Aber ganz falsch ist es trotzdem nicht. Seit der Abschaffung der Buchpreisbindung vor zwölf Jahren, als die Politiker – ihrem Job entsprechend – uns hoch und heilig versprachen, sich anderweitig für das Buch einzusetzen, ist kaum etwas passiert. Buchhandlungen schliessen, die Buchverkäufe gehen zurück, die grösste und wichtigste Kultursparte darbt weiter, darbt so sehr, dass ihre Exponenten sich um das wenige Geld schlagen müssen, das literarische Bücher einbringen. Dabei ist eigentlich allen klar: Bücher haben einen Preis, sonst gäbe es keine.
Ich bin von Kindesbeinen an ein reger Nutzer und ein grosser Freund von Bibliotheken gewesen, die längste Zeit, weil ich es mir nicht leisten konnte, all die Bücher zu kaufen, die ich lesen wollte. Und ich konnte mir diese Bücher vor allem nicht leisten, weil ich mir in den Kopf gesetzt hatte, Bücher zu schreiben. Inzwischen kann ich es mir leisten, Bücher zu kaufen, aber viele Autoren können von ihrer Arbeit kaum leben. Wer mit Literatur Geld verdienen will, sollte Deutschlehrer werden.
Bücher sind wichtig, niemand würde das bestreiten. Sie erzählen die Geschichte einer Gesellschaft, erörtern ihre Probleme, halten sie zusammen, definieren sie. Was wüssten wir über das 19. Jahrhundert in der Schweiz, wenn wir die Bücher von Johanna Spyri, Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer nicht hätten? Und Lesen ist trotz abnehmenden Buchverkäufen immer noch eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigung der Schweizerinnen.
Auch Bibliotheken sind wichtig. Nicht nur für angehende Autoren, die sich keine Bücher leisten können, auch für Kinder, für Schüler und Studierende, für Migranten, für Lesehungrige, die jede Woche ein Buch verschlingen. Sie sind wichtig als Orte der Begegnung, des Austauschs, auch als Archive. Es ist eine Tragödie, dass durch die Diskussionen über das neue Urheberrechtsgesetz Autorinnen und Autoren und Bibliotheken plötzlich zu Gegnern geworden sind, wo sie doch eigentlich die besten Freunde sein müssten, Kämpfer für dieselbe Sache, für das Buch, für das Lesen, für das Wissen und die Phantasie. ... [mehr] https://www.nzz.ch/feuilleton/revision-des-urheberrechts-autoren-verlieren-geld-ld.1464755

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