Mit seinem aktuellen Bericht adressiert der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) Herausforderungen bei der Nutzung von Big Data
in der Wissenschaft und veröffentlicht seine Empfehlungen an Forschende
und (Wissenschafts-)Politik. In den Sozial-, Verhaltens- und
Wirtschaftswissenschaften besteht ein zunehmendes Interesse an der
Nutzung von Big Data, die insbesondere im Rahmen digitalisierter
Kommunikation und des Konsumverhaltens zunehmend anfallen. Solche Daten
zeichnen sich durch große Fallzahlen, nicht beeinflussende
Erhebungsverfahren sowie die Möglichkeit zur Echtzeitanalyse und
Beobachtung sozialer Interaktionen aus. Um ihr wissenschaftliches
Potenzial erschließen zu können, müssen Forschende jedoch vielfältige
rechtliche und strukturelle Herausforderungen beachten – soweit sie
überhaupt einen Zugang zu den Daten erhalten.
Forschenden, denen individuell ein Zugang zu Big Data-Quellen von
Unternehmen gewährt wurde, wird häufig der Zugang zu
unternehmensstrategisch bedeutenden Variablen oder Beobachtungen
verwehrt. Sie können die verwendeten Daten oftmals nicht an andere
Forschende weitergeben und unterliegen dem Risiko, dass der Datenzugang
vor Abschluss eines Forschungsprojekts einseitig aufgekündigt wird.
Darüber hinaus können potenzielle Interessenskonflikte oder
Einschränkungen in der Publizierbarkeit von Forschungsergebnissen
resultieren; eine Datennachnutzung, z.B. für Replikationsstudien oder
eigenständige Fragestellungen, wird zumeist verwehrt.
Viele Forschende nutzen Web Scraping-Verfahren, um selbst an Daten aus
dem Internet zu gelangen. Hierbei werden vorhandene
Software-Schnittstellen genutzt oder aber die für das menschliche Auge
entwickelten Webseiten massenhaft ausgelesen. Da mit der Verwendung
dieser Datenerhebungsmethoden häufig rechtliche Unklarheiten
einhergehen, hat der RatSWD ein Rechtsgutachten bei der Forschungsstelle
RobotRecht der Universität Würzburg eingeholt, das die einschlägigen
Rechtsfragen des Datenzugangs, der Daten(nach)nutzung und
Datenarchivierung aufarbeitet. Das Gutachten wird mit dem Bericht
veröffentlicht.
Um das Problem fehlender Zugänge zu Big Data-Quellen systematisch und
nachhaltig zu lösen, empfiehlt der RatSWD die Einrichtung von
unabhängigen Treuhandstellen. Diese sollen zwischen den Interessen von
Forschenden und Unternehmen, welche Big Data vorhalten, vermitteln.
Hierzu nehmen Treuhandstellen Daten von Unternehmen entgegen und
ermöglichen Forschenden anschließend deren unabhängige
datenschutzkonforme Analyse. Der RatSWD begrüßt daher, dass das jüngst
veröffentlichte Eckpunktepapier einer Datenstrategie der
Bundesregierung das Konzept der Treuhandstelle als Instrument aufgreift,
um „das freiwillige Teilen von Daten zu verstärken“. Der RatSWD
empfiehlt, bei der weiteren Ausarbeitung der Datenstrategie die
Besonderheiten der Forschung mit (personenbezogenen) Big Data zu
berücksichtigen.
Der vollständige Bericht samt Gutachten im Anhang steht auf der Webseite des RatSWD zum freien Download zur Verfügung: https://doi.org/10.17620/02671.39
via https://idw-online.de/de/news728293
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