Göttingen, 19. November 2018 –
Der RfII begrüßt die am Freitag [Anm.: am 17.11.2018] bekannt gegebene Bund-Länder-Vereinbarung zur
Errichtung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) als mutigen
Schritt und große Chance für das deutsche Wissenschaftssystem. Mit dem Aufbau
der NFDI wird der Forschungsstandort Deutschland entscheidend gestärkt.
Forschende erhalten einen besseren Zugang zu qualitätsgeprüften Forschungsdaten
und werden in ihrer Arbeit durch eine dynamische Infrastruktur unterstützt, die
international einmalig ist.
Die Vereinbarung geht auf
einen Grundsatzbeschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) aus dem
Jahr 2017 zurück. Das Konzept eines bundesweiten, durch die Wissenschaft
selbst „Bottom-up“ organisierten Forschungsdatenmanagement basiert auf einer
Empfehlung des Rates für Informationsinfrastrukturen (RfII) zu Strukturen,
Prozessen und Finanzierung des Forschungsdatenmanagements in Deutschland.
Die NFDI ist eine konzertierte
langfristig angelegte Aktivität, die Vernetzung, Nachnutzbarkeit und
Qualitätssicherung von Forschungsdaten verbessern und die Souveränität der
Wissenschaft über ihre Datenbestände gewährleisten soll. Als
Infrastruktur für Erzeuger und Nutzer wissenschaftlicher Daten wird sie eng am
Bedarf orientierte Dienste-Portfolios entwickeln und diese für Forschende
länder- und institutionenübergreifend zur Verfügung stellen. Ziel ist es, die
zahlreichen, oft dezentral, projektgebunden und temporär betriebenen
Datenbestände von Wissenschaft und Forschung systematisch zu erschließen und
sie dauerhaft für die Wissenschaft zugänglich zu halten. Dies birgt Chancen für
Zukunftsthemen wie Klimawandel und Umweltschäden, Mobilitätsbelastung von
Menschen und Regionen, Gesundheitsentwicklung, Anforderungen an gebaute
Infrastrukturen, Energiesysteme, Wandel der Arbeitswelt, Bildungsforschung,
Veränderung der Sprachen sowie eine Fülle weiterer datenintensiver Themenstellungen
der natur-, ingenieur- und kulturwissenschaftlichen Grundlagenforschung.
„Das föderal und
selbstverantwortlich organisierte deutsche Wissenschaftssystem ist weit
verzweigt, arbeitet projektbezogen und oftmals mit Insellösungen – damit ist
auch die Datenlandschaft extrem heterogen“, erläutert RfII-Vorsitzende Prof.
Dr. Petra Gehring den Hintergrund des Ansatzes. „Um das Potential dieser
Vielfalt wissenschaftlich nutzbar zu machen, hat der RfII ein grundlegendes
Umdenken empfohlen. Die NFDI findet breite Unterstützung in der Allianz der
Wissenschaftsorganisationen und bei vielen weiteren Akteuren im
Wissenschaftssystem. Sie kann nun zügig umgesetzt werden. Mit der NFDI gewinnen
innovative Methoden an Durchschlagskraft, und zugleich tut Deutschland auf dem
Weg zu einer europäischen Datenlandschaft einen wichtigen, eigenständigen
Schritt.“ Der RfII hat die Ausgestaltung der NFDI in den letzten beiden Jahren
mit der Erarbeitung zahlreicher Detailvorschläge intensiv begleitet.
Zum Management von Forschungsdaten
gehören die Gewinnung, die Qualitätssicherung, der nachhaltige Zugang sowie
die Archivierung und ggf. die Verknüpfung von Datenbeständen. Dazu sind von der
Wissenschaft akzeptierte Verfahren und Standards des Datenmanagements
notwendig sowie dauerhaft finanziertes, qualifiziertes Personal. Mit der
NFDI ist daher auch und vor allem eine Investition in „Köpfe“ verbunden. Sie
trägt zu einer Koordination der bundesweiten Finanzierungsanstrengungen bei
und wird die interdisziplinäre wie auch die internationale Forschung mit
qualitätsgesicherten Datenbeständen unterstützen – nicht zuletzt auch die
European Open Science Cloud (EOSC), die fast zeitgleich startet.
Den Empfehlungen des RfII
entsprechend wird die NFDI arbeitsteilig organisiert sein und durch Akteure an
einer Vielzahl von Standorten getragen. Dabei wird sie nicht entlang von
Institutionen, Regionen oder Bundesländern organisiert, sondern entlang von
forschenden Communities, die in Sachen Forschungsdaten ähnliche Bedarfe haben.
Damit setzt die NFDI auf das Engagement der Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler selbst – und ist als „Bottom-Up“ etablierte und getragene
Struktur auch im internationalen Vergleich neuartig und innovativ. Alle Organisationseinheiten,
die sog. NFDI-Konsortien, sollen eng miteinander kooperieren und eine
dynamische, bedarfsgetriebene und nachhaltige Ausrichtung erhalten.
Die Finanzierung der NFDI erfolgt über zehn Jahre (in Ausbaustufen bis
90 Mio. EUR pro Jahr) durch Bund und Länder; nach einer Evaluation soll
sie in
eine institutionelle Förderung durch Bund und Länder übergehen. Die
Finanzierung durch die öffentliche Hand sei auch wissenschaftspolitisch von
großer Wichtigkeit, so Gehring: „Die Privatisierung von Daten bzw.
Datendiensten, Ökonomisierungsdruck und Verwertungsinteressen gehören
zu den
großen Gefahren für die öffentliche Wissenschaft im Digitalzeitalter.
Eine
nationale Forschungsdateninfrastruktur bietet die Chance, dem
Wissenschaftssystem Handlungsfreiheit und Handlungsfähigkeit zu erhalten.“
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