Spät, aber vielleicht nicht zu spät erscheint das Regelwerk der französischen Sprache, der Dictionnaire der Académie française, nun auch im Internet: ab sofort und kostenlos. Das Projekt ist höchst ambitiös, denn es präsentiert nicht nur die achte Ausgabe, sondern auch die seit 1992 in Arbeit befindliche neunte bis zum Buchstaben S. Darüber hinaus stehen sämtliche Editionen des Wörterbuchs seit dessen erster Ausgabe im Jahre 1694 zur Verfügung. Das ist folgerichtig, schliesslich ist es die zentrale Aufgabe der Académie française, «Wächterin des guten Gebrauchs und Zeugin der Entwicklung der französischen Sprache zu sein».
Mit dem Rückgriff auf das 17. Jahrhundert lebt aber auch noch einmal die frühe Geschichte der Académie française mit ihrem Programm der politisch-nationalen Arroganz auf: «Es scheint nichts an dem Glückszustand des Königreichs zu fehlen, als aus der Menge der barbarischen Sprachen diese Sprache, die wir sprechen, auszuwählen, und dass unsere Nachbarn sie bald sprechen werden, wenn unsere Eroberungen sich fortsetzen wie sie begonnen haben . . . dass unsere Sprache, die schon vollkommener ist als jede andere Sprache, alsbald die Nachfolge des Latein antreten kann.» Es war Richelieu, der im Jahre 1635 der von ihm installierten Académie diesen sprachimperialistischen Auftrag erteilte – mitten im Dreissigjährigen Krieg, in dem Frankreich zur dominierenden Macht in Europa aufstieg.
Aber der allmächtige Erste Minister Frankreichs hatte auch innenpolitische Absichten, denn er fürchtete zu Recht, dass in den diversen Gesprächszirkeln von Paris konspirative Gruppen entstanden, die seiner expansionistischen Politik feindlich gegenüberstehen könnten. So machten seine Späher den renommierten Bürger Valentin Conrart als verdächtig aus, Hugenotte, wohlhabend und zudem Sekretär des Königs, der seine gleichgesinnten, weitgehend unpolitischen Freunde regelmässig zu kultivierten Séancen über literarische Werke und die politischen Zeitläufte zu sich einlud. ... [mehr] https://www.nzz.ch/feuilleton/academie-francaise-alte-institution-vor-neuen-herausforderungen-ld.1470794
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