Das Land Baden-Württemberg will sich in den kommenden Jahren offensiv
dem kolonialen Erbe stellen. Hierzu werden 1,25 Millionen Euro zur
Verfügung gestellt, um die sogenannte Namibia-Initiative umsetzen zu
können. Das Land Baden-Württemberg wird dem
namibischen Staat eine Familienbibel und eine Peitsche zurückgeben, die
sich derzeit noch im Linden-Museum befinden. Diese Rückgabe wolle man
zum Anlass nehmen, das koloniale Erbe konsequent aufzuarbeiten, sagte die Kunststaatssekretärin Petra Olschowski im Linden-Museum, wo die Peitsche und Bibel des einstigen Nama-Anführers Hendrik Witbooi bis zur Rückgabe Anfang nächsten Jahres in einer kleinen Ausstellung präsentiert werden.
Wie in allen ethnologischen Museen befinden sich auch im Linden-Museum
zahlreiche Objekte, die während des Kolonialismus in die Sammlung
gelangten. Bei einem Forschungsprojekt hat das Linden-Museum in den
vergangenen zwei Jahren versucht, von rund 25 000 Objekten aus Namibia,
Kamerun und dem Bismarck-Archipel herauszufinden, ob sie den
Eigentümern unrechtmäßig entzogen oder bei Schlachten erbeutet wurden.
Da die Rückgabe von Objekten aus öffentlichen Sammlungen Sache der
Politik ist, will das Land anhand von Namibia exemplarisch untersuchen,
wie man sinnvoll mit diesem heiklen Erbe umgeht. Hierzu möchte man
gezielt mit Wissenschaftlern aus Namibia und den dortigen
Herkunftsgesellschaften ins Gespräch kommen.
Um mehr Transparenz zu schaffen, wird das Linden-Museum seine Bestände
online stellen. Es wird außerdem mit der Universität Tübingen, dem
namibischen Nationalmuseum, der Universität von Namibia und Vertretern
der Nama und Herero die gemeinsame Geschichte aufarbeiten und einzelne
Objekte aus der Stuttgarter Sammlung erforschen. Auch das Deutsche
Literaturarchiv Marbach beteiligt sich an der Namibia-Initiative und
wird sich mit Kollegen aus Namibia mit der Rolle der deutschen
Kolonialliteratur beschäftigen.
Aktuell liegen dem Land Baden-Württemberg keine konkreten
Rückgabeforderungen vor, wobei Inés de Castro, die Direktorin des
Linden-Museums den Kontakt mit den Herkunftsgesellschaften offensiv
suchen möchte. Sie geht davon aus, dass es zu weiteren Rückgaben kommen
wird, wobei „Restitution immer „mit dialogischen Prozessen verbunden
werden“ sollte, so de Castro.
Für sie als auch für Petra
Olschowski ist klar, dass die Namibia-Initiative nur ein erster Anfang
sein könne. In den nächsten Jahren müsse das Land die
Provenienzforschung noch deutlich ausbauen, so Olschowski. Denn auch in
anderen Museen befänden sich heikle Bestände, zum Beispiel auch Schädel
und Gebeine, über deren Rückgabe nachgedacht werden müsse.
via https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.land-startet-namibia-initiative-ein-neuer-umgang-mit-einem-heiklen-erbe.89896c4b-10f2-4256-a540-da905f4c1d36.html
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