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Sonntag, 4. Juni 2017

Studie über Motive und Ursachen des Studienabbruchs

Das Wissenschafts- und das Wirtschaftsministerium haben erstmals eine erste Studie zu Motiven und Ursachen des Studienabbruchs in Baden-Württemberg vorgestellt. Die Studie bestätigt, dass im Hochschulbereich bereits viele richtige Maßnahmen eingeleitet wurden.

Die Studie zeigt, dass ein Studienabbruch immer mehrere Ursachen hat. Den­noch sind Leistungsprobleme, resultierend aus der Lücke zwischen Anforderungen des Studiums und fehlenden fachlichen Voraussetzungen, der am häufigsten ausschlaggebende Grund für den Abbruch des Studiums (31 %), was dem Bun­des­trend entspricht (30 %). Ein klarer Zusammenhang besteht zwischen Art und Note der Hochschulzugangsberechtigung und dem Studienerfolg: So ist der Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung an einem Gymnasium mit besonders guten Erfolgschancen für das Studium verbunden: 82 % der Absolventen, aber nur 64 % der Abbrecher haben ihr Abitur an einem Gymnasium gemacht. Auch die Mathematiknote hat besondere Aussagekraft für den späteren Studienerfolg. Je besser die Vorkennt­nisse in Mathematik und Naturwissenschaften ausfallen, desto seltener berichten Abbrecher von Schwierigkeiten mit dem fach­lichen Niveau und der Be­wältigung des Arbeits­pensums. 

Die persönliche finanzielle Situation war in Baden-Württemberg deutlich seltener der ausschlaggebende Grund für den Studienabbruch als im Bundesdurchschnitt (6 % vs. 11 %). Dagegen kommt dem sozialen Hintergrund eine große Bedeutung zu. So zeige die Studie, dass Studienerfolg in Baden-Württem­berg wie bundesweit immer noch sehr stark von der Herkunft abhängt: Studierende, die aus Eltern­­häusern stammen, in denen beide Elternteile studiert haben, sind signifikant erfolgreicher als jene ohne akademisch gebildete Eltern und immer noch deutlich erfolgreicher beim Studium als wenn nur ein Elternteil studiert hat. Etwas häufiger als im Bundesschnitt sind in Baden-Württemberg beide Eltern der befragten Studierenden Akademiker (31 % vs. 27 %).
  1. Gut informiert Entscheidung über den individuellen Bildungsweg treffen
  2. Gut ankommen und einsteigen ins Studium
  3. Wechsel: Aus Abbrechern Umsteiger machen - Übergang zwischen beruflicher und akademischer Bildung erleichtern

1. Gut informierte Entscheidung über den individuellen Bildungsweg treffen 

Absolventen in Baden-Württemberg sind bei Studien­beginn besser informiert als Abbrecher, sie haben sich mit ihrer persönlichen Eig­nung (56 % vs. 48 %) und den fachlichen Stu­dien­inhalten (50 % vs. 40 %) bes­ser auseinander­gesetzt und die Be­ra­tungs­­an­gebote an der Hochschule besser ange­nommen. Besonders wichtig sei, dass die Berufsorientierung nun in allen Schularten verbindlich vorgeschrieben sei. Auf dieser Grundlage könnten Schülerinnen und Schüler eine gut informierte und reflektierte Entscheidung über den zu ihren Wünschen und Neigungen passenden Bildungsweg nach dem Schulabschluss treffen - und diesen mit größerer Wahrscheinlichkeit auch erfolgreich gehen.
Die Studie belegt auch die zentrale Rolle, die der Wahl des Studienfachs zu­kommt: So waren Absolventen deutlich häufiger in ihrem Wunschfach eingeschrie­­ben als Abbrecher (79 % vs. 59 %) und viel stärker für ihr Studienfach motiviert als Studienaussteiger.

Dass Baden-Württemberg damit offenbar bereits den richtigen Weg einge­schla­gen hat, zeigt die Studie: Die baden-württembergischen Exmatrikulierten waren am Studienanfang besser orientiert als im Bundesdurchschnitt (51 % vs. 42 %). Insbesondere die fachlichen Inhalte des Studiengangs waren den Absolventinnen und Absolventen besser bekannt als im Bundesdurch­schnitt.

2. Gut ankommen und einsteigen ins Studium
Es ist besser, im ersten Semester festzustellen, dass die Studienwahl nicht die richtige war, als kurz vor der Abschlussprüfung. Deshalb kommt dem Studien­beginn eine besondere Rolle zu.
Studierende im Land entscheiden sich früher als im Bundesschnitt
Jeder zweite Studienabbruch erfolgt im Land in den ersten beiden Fachsemes­tern (52 %), weitere im dritten und vierten Fachsemester (26 %). Im Vergleich zum Bundesschnitt fassen die Abbrecher frühzeitiger den Ent­schluss, ihre Studienentscheidung zu korrigieren (3,3 vs. 4,2 Semester) und   verlassen nach kürzerer Fachstudiendauer die Hochschule (3,9 Semester vs. 4,7 Semester).

Bessere Betreuungssituation in Baden-Württemberg 
Im Vergleich waren die Studierenden im Land häufiger zufrieden mit der Betreuung durch die Lehrenden (39 % vs. 34 %). Studienabbrecher und Absolventen schätzten in Baden-Württemberg zudem die allgemeine Organisation des Studiengangs um je 5 Prozent besser ein als die bundesweite Vergleichs­gruppe. Die didaktische Qualität wird von Studienabbrechern ebenfalls um 5 Prozent besser eingeschätzt als im bundesweiten Durchschnitt.
Verbindlichkeit empfohlen 
Ein Schlüssel für eine verbesserte Studieneingangsphase und Studienerfolg ist nach der DZHW-Studie die Verbindlichkeit der Angebote: So müssten Vor- und Brückenkurse verbindlich vorgegeben werden, um sicher­zustellen, dass gerade jene Studierenden an den Kursen teilnehmen, die eine Hilfestellung besonders dringend benötigen. Ebenso sollten die Hochschulen Einführungs- und Informationsveranstaltungen verbindlich machen wie auch Feedback in Beratungsgesprächen mit Lehrenden.
Ein Semester zum Orientieren
Denkbar sei auch, ein Orientierungssemester vor dem eigentlichen Fachstudium einzuführen, was im Praxistest (z.B. Einstiegssemester ins Ingenieur- und Informatikstudium an der Hochschule Offenburg) bereits gute Erfolge gezeigt habe. Auch ein Monitoringsystem für den Studienverlauf (z.B. Hochschule Karlsruhe) habe sich als sinnvoll erwiesen. Auch frühzeitige Einblicke in Praxis, Beruf und Forschung müssten verstärkt werden. Weiter empfehle die Studie, dass die besten Lehrenden  im Grundstudium tätig werden müssten - eben dort, wo die Weichen gestellt werden. Empfohlen würden auch frühzeitige Eignungsdiagnostik und Kenntnis­tests.

3. Wechsel: Aus Abbrechern Umsteiger machen - Übergang zwischen beruflicher und akademischer Bildung erleichtern 

Angesichts der großen Attraktivität der Berufsausbildung für Studienaussteigerinnen und Studienaussteiger sei es richtig, dass die Kammern nach Möglichkeit Studienleistungen auf fachlich verwandte Berufsausbildungen anrechnen. Zudem optimieren Wissenschafts- und Wirtschafts­ministerium Über­gänge zwi­schen akademischer und beruf­licher Bildung. Bislang werde in einer Anrechnungs­datenbank unter Federführung der Hochschule Aalen erhoben, was vom Beruf fürs Studium angerechnet wer­den kann.

Berücksichtige man außerdem, dass die überwältigende Mehrheit der Exmatrikulierten, welche eine Berufsausbildung absolvieren, sehr zufrieden mit ihrer neuen Lebens- und Arbeitssituation sind, sei dies ein sehr ermutigendes Ergebnis und könne auch für noch unentschlossene Studienzweifler ermutigen, diesem Beispiel zu folgen. Die Studie belegt zudem, dass die überwiegende Mehrheit derjenigen, die nach einem Studienabbruch eine Berufsausbildung begonnen haben, sehr zufrieden ist mit ihrer Lebens- und Arbeitssituation. Besonders zufrieden sind sie mit den Tätigkeitsinhalten (92 %), den Arbeitsbedingungen (85 %) und der Arbeitsplatzsicherheit (82 %).
Ein halbes Jahr nach Exmatrikulation haben 44 Prozent der Abbrecher in Baden-Württemberg bereits eine Berufsausbildung aufgenommen. 32 Prozent gehen einer Erwerbstätigkeit nach. 5 Prozent befinden sich in einer Übergangstätigkeit wie Praktikum oder einer Familientätigkeit/Elternzeit (2 %). Im Vergleich zur Exmatrikuliertenbefragung des Jahrgangs 2008 auf Bundesebene ist damit die Neigung, nach dem Studienabbruch eine Berufsausbildung aufzunehmen, deutlich gestiegen (22 % vs. 44 %). Die Sonderstudie für Baden-Württemberg geht davon aus, dass sich diese Entwicklung auch in Baden-Württemberg in ähnlicher Weise vollzogen hat. 

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