Die geplante Rückgabe einer in der Kolonialzeit gestohlenen Bibel und
Peitsche an Namibia wird zum juristischen Streitfall. Die Vereinigung
der Nama-Stammesältesten (NTLA) will die Rückgabe im März 2019 verhindern.
Sie hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim
Landesverfassungsgericht in Stuttgart beantragt, wie ein
Gerichtssprecher bestätigte.
Es geht um eine Bibel und eine Peitsche des namibischen
Nationalhelden Hendrik Witbooi, die im Linden-Museum für Völkerkunde in
Stuttgart lagern und am 1. März zurückgebracht werden sollen. Die
namibische Regierung will sie entgegennehmen. Witbooi gehörte dem Stamm
der Nama an. Deren Führung fühlt sich in den Verhandlungen mit
Deutschland nicht ausreichend repräsentiert von der namibischen
Regierung, die von Angehörigen des Volkes der Ovambo dominiert ist.
Eine
Rückgabe von zur Kolonialzeit gestohlenem Besitz sei nur akzeptabel,
wenn auch eine Entschädigung für die verlorenen Jahrzehnte gezahlt
werde, erklärte die NTLA Anfang des Monats. Die Vertreterin der Nama in
Deutschland, Christine Kramp, forderte nun in Stuttgart, die Gegenstände
sollten an Witboois Nachfahren und nicht an den Staat zurückgegeben
werden.
Von 1884 bis 1915 hielt das deutsche Kaiserreich weite
Gebiete Namibias besetzt. Besonders brutal gingen deutsche Truppen von
1904 bis 1908 gegen einen Aufstand der um ihren Landbesitz fürchtenden
Herero und Nama vor. Das Geschehen mit Zehntausenden Toten bezeichnen
Wissenschaftler und Politiker inzwischen übereinstimmend als
Völkermord. Witbooi war ein legendärer Anführers des Aufstandes.
Die
Bibel und die Peitsche sollen nach derzeitiger Planung zunächst vom
namibischen Staat verwaltet werden, bis Witboois Nachkommen in seinem
Heimatort Gibeon ein Museum dafür errichten können. Beide Gegenstände
kamen 1902 als Schenkung in das heute von Stadt und Land getragene
Linden-Museum. Sie waren nach letzten Erkenntnissen bereits im Jahr 1893
bei einem Angriff auf Hornkranz, den Hauptsitz Witboois, erbeutet
worden. Die Kolonialtruppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika sollen
auch dabei mit größter Brutalität vorgegangen sein.
Heute erinnern in Namibia Denkmäler an Witbooi. Zudem ist sein Porträt auf mehreren Geldscheinen zu sehen.
dpa, epd, kna
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