Rom im Jahr 1402: Papst Bonifaz IX. lässt eine Urkunde aufsetzen, in der
er dem Würzburger Bischof Johann von Egloffstein die Gründung einer
Universität nach dem Vorbild von Bologna gestattet. Dieses historische
Dokument wird im Staatsarchiv Würzburg aufbewahrt.
Die Urkunde, geschrieben in Latein, ist die Wurzel der Universität
Würzburg. Die Hohe Schule der Bischofsstadt am Main war – nach den
Universitäten Prag, Wien, Heidelberg, Köln und Erfurt – die sechste
Hochschulgründung im damaligen deutschsprachigen Raum. Bislang gab es jedoch keine deutsche Version der Gründungsurkunde. Im Auftrag des Universitätsarchivs hat jetzt Privatdozent Dr. Jochen
Schultheiß vom Kolleg Mittelalter und Frühe Neuzeit der Universität
Würzburg den lateinischen Text ins Deutsche übersetzt. Hier die Übersetzung im Wortlaut:
Bischof Bonifatius, Knechte der Knechte Gottes. Zum ewigen Andenken an die Sache.
Auf die Warte der höchsten apostolischen Würde von göttlicher Hand,
wenngleich ohne irgendein Verdienst gestellt, richten wir die Schärfe
des uns zuteilgewordenen Blickes, soweit es uns von oben erlaubt ist,
auf alle Regionen der Gläubigen, die uns anvertraut sind, und auf ihr
Voranschreiten und auf ihre Vorteile, wie der Hirte der gesamten Herde
des Herrn. Dabei erweisen wir gerne unsere gefällige Gunst und freigebig
erteilen wir die Hilfe einer günstigen Annehmlichkeit den Gläubigen
selbst, damit sie nach dem Studium der Wissenschaften streben, durch das
die Verehrung des göttlichen Namens und seines katholischen Glaubens
ausgeweitet, die Gerechtigkeit gepflegt, sowohl Öffentliches als auch
Privates nutzbringend erledigt und für alle das Gedeihen des
menschlichen Daseins gefördert wird.
Nun hegt, wie es im Namen unseres verehrungswürdigen Bruders Johannes,
des Bischofs von Würzburg, uns gegenüber vorgebracht wurde, der Bischof
selbst den dringlichen Wunsch, dass –nicht nur zum Nutzen und Gedeihen
eines solchen Staates und der Bewohner der ihm untergebenen Länder,
sondern löblicherweise auch in Berücksichtigung der anderen,
benachbarten Gegenden – in seiner Stadt Würzburg, da sie sehr bedeutend
und sehr passend und geeignet hierfür sei – in ihr herrscht ein
gemäßigtes Klima, findet sich eine Fülle an Lebensmitteln und auch eine
Menge an übrigen Dingen, die den menschlichen Bedarf anbelangen –, durch
den apostolischen Stuhl die Errichtung einer Universität mit jeder
beliebigen zulässigen Fakultät angeordnet werden solle, auf dass
ebendort der Glaube selbst verbreitet werde, dass das ungebildete Volk
unterrichtet werde, die Billigkeit gewahrt bleibe, die Vernunft des
Urteilsspruches Kraft habe, die Geister erhellt und der Verstand der
Menschen erleuchtet werde.
Wenn wir das Vorausgehende und auch die herausragende Aufrichtigkeit des
Glaubens und der Ergebenheit, welche der Bischof selbst bekanntlich der
Heiligen Römischen Kirche und dem katholischen Glauben entgegenbringt,
sorgfältig bedenken, werden wir von glühendem Begehren angetrieben, dass
die vorher erwähnte Stadt mit den Sitten der Wissenschaften so
geschmückt werden soll, auf dass sie Männer hervorbringe, die durch die
Reife ihres Urteils berühmt, mit dem Schmuck der Tugenden bekränzt und
durch die Würden verschiedener Fakultäten gebildet sind, und auf dass
dort ein Quell und Ursprung der Wissenschaften sei, aus deren Fülle alle
schöpfen sollen, die danach lechzen, mit den Lehren der Schriften
benetzt zu werden.
Aus all diesen Gründen und insbesondere wegen der Eignung der genannten
Stadt, die, wie man sagt, in der Tat zur Mehrung der Samen der
Gelehrsamkeit und zur Hervorbringung von heilsamen Keimen geeigneter und
passender als die anderen Städte und Orte in jenen Gebieten sein wird
und nach gründlicher Abwägung beurteilt wurde, und weil wir nicht nur
den Vorteil und das Voranschreiten der Stadt selbst, sondern auch der
herumliegenden Gegenden und Bewohner mit väterlichen Gefühlen eifrig
anstreben und wir in dieser Sache durch Bitten des oben genannten
Bischofs bewegt wurden, beschließen und legen wir mit apostolischer
Autorität zum Lob des göttlichen Namens und zur Verbreitung des rechten
Glaubens fest, dass in derselben Stadt es in Zukunft eine Universität
nach dem Vorbild der Universität in Bologna gebe und dass diese für
ewige Zeiten dort blühen solle, sowohl in der Fakultät der Theologie,
als auch des kanonischen und Römischen Rechts, als auch in jeder anderen
erlaubten Fakultät, und dass die Lehrenden und Studierenden sich
ebendort aller Privilegien, Freiheiten und Immunitäten, die den
Magistern in der Theologie, den lehrenden Doktoren, den Studierenden und
den Anwesenden an der Universität in Bologna zugestanden sind, auf jede
beliebige Art erfreuen und diese nutzen können.
Und (wir legen fest), dass jene, die im Laufe der Zeit sich die
Belohnung erworben haben, an jener Fakultät, an der sie studiert haben,
eine Lehrerlaubnis zu erhalten – zum einen für sich, zum anderen damit
sie andere zu unterrichten vermögen – und die die Ehre einer
Magisterwürde oder eines Doktorats zu erlangen erstreben, durch einen
oder mehrere Magister oder Doktoren jener Fakultät, in der die Prüfung
abzulegen wäre, dem Bischof von Würzburg, der zu dem Zeitpunkt im Amt
ist, oder seinem nachrückenden und geeigneten Stellvertreter, den eben
hierzu der Bischof meinte einsetzen zu müssen, vorgestellt werden
sollen; wenn aber der Bischofsstuhl der Kirche in Würzburg selbst vakant
ist, sollen sie jenem vorgestellt werden, der durch die geliebten Söhne
des Kapitels der genannten Kirche von Würzburg als Stellvertreter in
geistlichen Dingen eingesetzt wurde; und derselbe Bischof oder
Stellvertreter, – je nachdem was es bevorzugt wird –, soll, nachdem die
Magister und die Doktoren, die in derselben Fakultät durch ihr Amt dort
lenken, zusammengerufen sind, jene in den Dingen, die von denjenigen,
die zur Ehre der Magisterwürde oder des Doktorats promoviert werden
sollen, verlangt werden, gemäß dem Maß und der Gewohnheit, die bei
solchen Dingen an den Universitäten beachtet werden, gründlich zu prüfen
streben, und er soll ihnen, wenn sie für hierzu ausreichend und
geeignet befunden werden, eine Erlaubnis solcher Art zukommen lassen und
die Ehre der Magisterwürde und des Doktorats übergeben und auch
gewähren.
Jene aber, die an derselben Universität der genannten Stadt examiniert
und zugelassen wurden und die Lehrbefugnis und eine Würde von besagter
Art erhalten haben, sollen künftighin ab dem Examen oder einer anderen
Lese- und Lehrzulassung, sowohl an der genannten Universität der Stadt
selbst als auch an einzelnen anderen Universitäten, an denen sie lesen
und lehren wollen, die volle und freie Befähigung hierzu haben, ohne
dass irgendwelche widerstrebenden Statuten und Gewohnheiten, – sei es
dass sie durch apostolische Autorität, sei es dass sie durch irgendeine
andere Festlegung gestützt sind –, dem in irgendeiner Weise
entgegenstehen können. Überhaupt keinem Menschen soll es also erlaubt
sein, gegen diese Seite unseres Statuts und unserer Anweisung zu
verstoßen oder ihr in frevlerischer Verwegenheit entgegenzuhandeln. Wenn
sich aber jemand anmaßt, dies zu versuchen, dann soll er wissen, dass
er sich die Empörung des allmächtigen Gottes und seiner seligen Apostel
Petrus und Paulus zuziehen wird.
Gegeben in Rom beim Heiligen Petrus, an den 4. Iden des Dezember, im 14. Jahr unseres Pontifikats [10. Dezember 1402].
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