Ein Lobgesang auf den Nationalstaat? Eine Verteidigungsrede für die
Nation? Weshalb nicht gleich ein Hoch dem Chauvinismus oder ein
pathetisches Bekenntnis zu Ausgrenzung und Hass? Diese Auffassung
jedenfalls scheint derzeit weitgehend Konsens in der medialen
Berichterstattung, im Kulturbetrieb, in der Ökonomie, den
Sozialwissenschaften, auf Kirchentagen und Parteikonventen. Der
Nationalstaat gilt als rückwärtsgewandt und impraktikabel, unsolidarisch
und in Anbetracht globaler Herausforderungen als ineffektiv und
überholt – von der Nation ganz zu schweigen.
Ließen nicht schon Karl Marx und Friedrich Engels keinen Zweifel
daran, dass die Lösung der sozialen Frage durch die Arbeiterklasse „die
Besonderheit der einzelnen Nationalitäten“ überwinden wird? Und
verweisen nicht die Sozialwissenschaften mit Recht auf „imaginierte
Gemeinschaften“? Da liegt es doch nahe, über die Dekonstruktion der
Nation den Weg zu bahnen für eine friedliche menschliche Zukunft, in
der, wie von John Lennon besungen, nicht länger Staaten und ihre Grenzen
dem Traum weltweiter Brüderlichkeit im Wege stehen. Benötigt werden
deshalb supranationale Zusammenschlüsse und dezentral kooperierende
Regionen, wenn nicht als „Weltstaat“ dann zumindest als „Europäische
Republik“. „It's easy, if you try!“
Nur ein Umstand stört den vermeintlichen Konsens: Weshalb nur weigern
sich die Menschen auf diesem Planeten, das sozial konstruierte,
rückwärtsgewandte und dabei so impotente wie ideologisch gefährliche
Konzept der Nation endlich dorthin zu befördern, wohin es praktisch und
moralisch für progressive Beobachter zu gehören scheint: auf den
Müllhaufen der Geschichte? Die Antwort lautet: Weil die Mehrheit der
Menschen diese Auffassung ganz offensichtlich nicht teilt. ... [mehr] http://www.ipg-journal.de/schwerpunkt-des-monats/heimat/artikel/detail/lob-der-nation-2638/
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