Der Münchener Erzbischof Michael Kardinal von Faulhaber (1869-1952) war ein machtbewusster Kirchenfürst, ein politischer Vordenker, ein hochgelehrter Theologe und ein internationaler Netzwerker. Er prägte die Geschichte der katholischen Kirche über zahlreiche Umbrüche hinweg, vom Kaiserreich über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik und den Zweiten Weltkrieg bis in die Besatzungszeit und die ersten Jahren der Bundesrepublik. Faulhaber mischte sich ein, nahm Stellung und scheute keinen Streit, wenn es um die Interessen der Kirche und die Verteidigung des Glaubens ging. Das brachte ihm viele Verehrer, aber auch viele Feinde ein. Besonders umstritten ist er heute wegen seiner Kriegsrechtfertigungen, seiner Kritik an der Weimarer Republik und seines Verhaltens im „Dritten Reich“.
Das Editionsprojekt wird insbesondere neue Beiträge zum Verhältnis von Religion und Politik und zum Umgang der katholischen Kirche mit totalitären Ideologien ermöglichen. Gleiches gilt für innovative Forschungen zur Theologie- und Kulturgeschichte, etwa mit Blick auf personelle Netzwerke, Frömmigkeitsformen, Kriegsdeutungen und Geschlechterrollen im Katholizismus oder die Beziehungen zu anderen Glaubensgemeinschaften. Die ersten Bestände der Datenbank sind seit Oktober 2015 online zugänglich. Der vorläufige Zeitplan sieht vor, zunächst die Dokumente aus den Umbruchsperioden 1917 bis 1919 sowie 1933 bis 1935 zu edieren. Zu jedem Tagebucheintrag und Beiblatt können gleichzeitig zwei Textvarianten in beliebiger Kombination nebeneinander anzeigt werden. Zur Auswahl stehen:
* die ausführliche Leseversion mit aufgelösten Abkürzungen und umfassenden editorischen Kommentaren (Kurzbiogrammen, Sachschlagwörtern, erläuternden Kommentaren, Übersetzungen) sowie Links zu anderen Tagebucheinträgen und Beiblättern
* die reine Transkription mit originalem Zeilenfall, Faulhabers Abkürzungen und textkritischen Anmerkungen
* das Digitalisat der Quelle (Scan).
Die Online-Datenbank ermöglicht die Volltextsuche in allen bisher edierten Tagebucheinträgen und Beiblättern sowie die gezielte Suche nach Personennamen und Sachschlagwörtern. Bislang sind die Tagebücher der Jahre 1918 (65 Tage) und 1919 (193 Tage) sowie des Jahres 1933 (212 Tage) digitalisiert; die Beiblätter der Jahre 1921 bis 1923 sowie der Jahre 1927 bis 1935 sind bereits erschlossen. Außerdem ist es möglich, den Jahrgängen oder den Signaturen der Tagebuch-Bände folgend in den Dokumenten der Datenbank zu suchen (via http://p.faulhaber-edition.de/exist/apps/faulhaber/index.html).
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