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Mittwoch, 24. Juni 2015

Pilotprojekt zur Einzelerfassung der Nutzung von Texten nach § 52a UrhG an der Universität Osnabrück

Voraussichtlich ab 2016 müssen die Hochschulen laut Richterspruch für elektronische Lehrmaterialien in ihren Intranets bezahlen. Streitpunkt ist, ob dieses pauschal oder per Einzelmeldung geschehen kann. Die Universität Osnabrück hat im Auftrag der Kultusministerkonferenz und in Zusammenarbeit mit der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) erstmals in Deutschland untersucht, wie eine Einzelerfassung elektronischer Lehrmaterialien technisch umgesetzt werden kann.

Hintergrund für das Osnabrücker Pilotprojekt ist ein Rechtsstreit zwischen den Ländern und der VG Wort, die die Interessen der Verlage vertritt und Tantiemen für dort gemeldete Texte an die Autoren ausschüttet. Die VG Wort fordert, dass alle Nutzungen von Buchauszügen, Zeitschriftenartikeln etc., die in elektronischer Form zu Unterrichtszwecken an der Universität verwendet werden, einzeln bei ihnen gemeldet werden. Diese Materialien dürfen im Rahmen des § 52a UrhG im Unterricht genutzt werden. Der Paragraph regelt, dass an Bildungseinrichtungen unter bestimmten Bedingungen kleine Textteile aus Büchern und einzelne Zeitschriftenartikel in elektronischer Form an eine begrenzte Zahl von Nutzern weitergegeben werden darf. Bisher wurden Pauschalabgaben für die Nutzungen an die VG Wort gezahlt, nun sollen jedoch alle Lehrenden an Hochschulen einzeln ihre Nutzungen melden. Bisher gibt es an noch keiner Hochschule die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für eine Einzelmeldung. An der Universität Osnabrück wurde erprobt, wie die Umsetzung der Einzelmeldungen durchgeführt werden kann und ob sie machbar ist. Dazu wurde eine technische Eingabemaske mit einer Schnittstellte zur VG Wort entwickelt, Informationsmaterialien für die Lehrenden erarbeitet und eine Studie durchgeführt.

Ein Semester lang haben alle Lehrenden die Nutzungen von Buchauszügen oder Zeitschriftenartikeln an die VG Wort gemeldet. Es zeigte sich, dass 80 Prozent der verwendeten elektronischen Lehrmaterialien eigene Werke der Lehrenden und Studierenden sind, also selbst erstellte Präsentationen oder Hausaufgaben. Meldepflichtige Sprachwerke machten einen Anteil von nur fünf Prozent aus. Insgesamt sind während des Pilotprojektes von Lehrenden weniger Materialien im Lernmanagementsystem hochgeladen worden. Die Gründe für den Rückgang: Die Lehrenden verteilen vermehrt Literaturlisten und die Studierenden müssen sich die Literatur selbst zusammensuchen. Knapp zwei Drittel der Studierenden gaben an, dass sie einen sehr viel höheren Aufwand bei der Literaturbeschaffung hatten. Dies bedeutet eine eindeutige Einbuße in der Qualität der Lehre und den Service für Studierende.

Die Kultusministerkonferenz und die Hochschulrektorenkonferenz müssen nach Abschluss des Projekts überlegen, wie sie mit dessen Ergebnissen umgehen. Das Gerichtsverfahren mit der VG Wort ruht zunächst.

Der Abschlussbericht des Pilotprojektes ist unter folgendem Link einsehbar: https://repositorium.uni-osnabrueck.de/handle/urn:nbn:de:gbv:700-2015061913251

via https://idw-online.de/de/news633491

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