Das ist heute nichts Ungewöhnliches mehr. Befeuert von dem Fortschritt auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und selbst lernenden Algorithmen setzen die digitalen Geisteswissenschaften – oder Digital Humanities – auf automatisierte Datenanalyse. Sie durchforsten Datenberge von digitalisierten Texten und Bildern und suchen nach Zusammenhängen, die sie etwa historische Entwicklungen oder literarische Werke neu verstehen lassen.
Das ergibt für jeden Autor eine Art Profil. „Diese Profile können wir vergleichen und zum Beispiel feststellen, dass ein Text, dessen Autor unbekannt ist, den Texten eines bestimmten Autors ähnlicher ist als denen anderer Autoren.“ Die Autorenzuweisungen funktionieren ziemlich gut. Bei Texten, von denen die Urheber bekannt sind, erzielten Jannidis und seine Kollegen Trefferraten zwischen 80 und 98 Prozent. Von einer echten Interpretation von Texten im literaturwissenschaftlichen Sinne sind die digitalen Methoden jedoch noch weit entfernt, sagt Jannidis.
Auch der Kunsthistoriker Maximilian Schich von der University of Texas at Dallas setzt auf große Algorithmen. Mit Kollegen hat er sich die Kulturgeschichte der letzten zweieinhalbtausend Jahre angeschaut und das Aufblühen und Verblühen kultureller Zentren nachgezeichnet. Zu diesem Zweck hat Schich aus verschiedenen Datenbanken die Geburts- und Sterbedaten von mehr als 150 000 bedeutenden Persönlichkeiten herangezogen, von Leonardo da Vinci bis zu Ernest Hemingway.
Anhand der Visualisierung dieser Daten hat das Team um Schich einen Clip erstellt, der 600 vor Christus einsetzt und im Jahre 2012 endet. Animierte Linien verbinden die Geburts- und Sterbeorte – sie erinnern an illustrierte Flugrouten, wie man sie von Bordmagazinen kennt. Eine Stadt, so die Logik, wird dabei kulturell umso wichtiger, je mehr bedeutende Menschen dort sterben. In dem Clip sieht man beispielsweise, wie die kulturelle Dominanz Roms ab ungefähr dem 12. Jahrhundert nachlässt und andere europäische Städte wie Paris und Berlin an seine Stelle treten. So zeigt sich auch: Im Laufe des 20. Jahrhunderts verlagerte sich das kulturelle Schwergewicht erst nach New York und dann nach Los Angeles. Außerdem legt die Studie die überraschende Erkenntnis nahe, dass die Intellektuellen über die Jahrhunderte hinweg kaum mobiler geworden sind. Im 14. Jahrhundert lag die Distanz zwischen Geburts- und Sterbeort demnach im Mittel bei 214 Kilometern. Im 21. Jahrhundert sind es 382 Kilometer – noch nicht einmal doppelt so viele. ... [mehr] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.digital-humanities-wie-j-k-rowling-enttarnt-wurde.9ea68ce1-1b02-4845-b988-2277681f791d.html
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