Pavel Kohout wird 90 / Marko Martin. In: Welt vom 20.07.2018
Pavel Kohout, einer der intellektuellen Wegbereiter des Prager
Frühlings, wird 90 Jahre alt. Zu Besuch bei einem Helden, der keiner
sein möchte und von der großen Zeit der Tschechoslowakei erzählt.
Rüstigist
ein schönes deutsches Wort“, sagt Pavel Kohout, während er in die Knie
geht und den Rücken beugt. In Sekundenschnelle hat er unter der
Dachschräge seines Prager Arbeitsateliers einen Karton hervorgezogen,
auf dessen Breitseite mit schwarzem Filzstift „Aus dem Tagebuch eines
Konterrevolutionärs“ geschrieben steht. In den Wandregalen stehen dicht
an dicht die internationalen Ausgaben seiner zahlreichen anderen im
Laufe der Jahrzehnte veröffentlichten Bücher; Romane, Dramen, Essays. Gleich
darauf sitzt Kohout wieder am Tisch, streift sich eine weiße
Haarsträhne aus der Stirn und blättert in der Originalausgabe jener
literarischen Collage, die damals im Westen erschienen war und seither
als das wohl wichtigste Zeugnis des 1968 zugrunde gegangenen Prager
Frühlings gilt.„Allerdings kommt rüstig von Rüstung und hat einen Hauch von famoser alter Herr, bestenfalls. Es könnte sich jedoch auch um einen Euphemismus handeln für selbstgerechter Schwätzergreis.
Ich hoffe, dem zu entgehen!“ Pavel Kohout, der am kommenden Freitag 90
Jahre alt wird, lacht. Keine Chance für schwerblütige Symbolik, obwohl
doch alles hier derart geschichtsträchtig ist und aufeinander
verweist: Kohouts Domizil befindet sich vis-à-vis der Moldau am
Masaryk-Kai, benannt nach dem ersten Präsidenten der 1918 gegründeten
und ein Jahrzehnt lang demokratisch regierten Tschechoslowakei.... [mehr] https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article179656116/Pavel-Kohout-zum-90-Geburtstag.html
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