Das ist eine der vielen Geschichten, die niemand mehr kennt in dieser schnelllebigen Stadt, und falls heute, da die Buchhandlung Carolus an der Vilbeler Straße zum letzten Mal geöffnet ist, beiläufig die Rede darauf kommen sollte, dass damit die Geschichte der ältesten Buchhandlung Frankfurts nach 147 Jahren endet, dann denkt auch niemand darüber nach, was es denn bedeutete, ein solches Geschäft durch eineinhalb Jahrhunderte zu führen, die nicht immer so gnädig waren wie etwa die Aufbaujahre nach dem Krieg, als der Hunger nach dem freien Wort größer war denn je.
Dass Carolus ein Zentrum des katholischen
Frankfurts sei, lässt sich schon lange nicht mehr behaupten. Das
Verhältnis zwischen der Kirche und der kirchlich ausgerichteten
Buchhandlung war 2013 zerbrochen, als sich der Gesamtverband der
katholischen Kirchengemeinden entschied, den Mietvertrag für das
angestammte Ladenlokal an der Neuen Kräme nicht zu verlängern, weil mit
einem Geschenkartikelladen eine höhere Miete zu erzielen war. Der
Versuch des Verlagshauses Herder als Carolus-Eigentümer, den Betrieb in
einem kleineren Ladenlokal in einer peripheren Lage fortzuführen, war
von vornherein überaus mutig.
Es hat nicht
funktioniert. Die Bücherstadt Frankfurt verliert wieder eine
Buchhandlung, was ihr nicht gut ansteht, und man muss schon froh sein,
dass wenigstens das Münchener Unternehmen Hugendubel noch festhält an
dem Kaufhaus am Steinweg. Carolus ist ausgebremst worden von der Kirche,
der anderes wichtiger ist, und von der Kundschaft, die lieber im
Internet bestellt, als sich in die Innenstadt zu schleppen, und die
vergessen hat, was Buchhandlungen auch sein könnten – ein Zentrum des
geistigen Lebens und manchmal noch mehr als das: eine Oase der
Menschlichkeit.
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