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Freitag, 16. Februar 2018

Würdigung der Widmung / Thomas Schaefer

An und für sich (was an und für sich schon eine korrekte Widmungsformel abgibt) führt die Buchwidmung (das heißt die öffentlich gemachte, also in Bücher gedruckte) unter den literarischen Gattungen ein Mauerblümchendasein – ähnlich der Danksagung, der jedoch Gerechtigkeit zuteilwurde, als ihr Gerhard Henschel 2005 dankenswerterweise ein ganzes Buch widmete: die Novelle „Danksagung“. Dabei ist die Widmung in mancherlei Beziehung eine sinnvolle Sache gewesen, die von sogar allerhöchster Instanz angewendet wurde, um anderen allerhöchsten Instanzen Gunst (und Gulden) abzucharmieren. Lessing zum Beispiel hat es so getan: „Sr.Durchlaucht dem Herzoge Ferdinand. Durchlauchtigster Herzog, / Auch ich war an der Quelle der Wahrheit und schöpfte. Wie tief ich geschöpft habe, kann nur der beurteilen, von dem ich die Erlaubnis erwarte, noch tiefer zu schöpfen. – Das Volk lechzet schon lange und vergehet vor Durst. – / Ew. Durchlaucht untertänigster Knecht“. Nachzulesen in „Ernst und Falk“.
Mit dem Aufstieg des Bürgertums und dem Aufkommen des auf freiem Markt schöpfenden Schriftstellers verlor die Widmung ihre ökonomische Daseinsfunktion und diente zuvörderst privaten Dank- und Hulderweisungen: Standardzueignungen à la „Für meine Eltern“, „Meiner Frau“ und dergleichen mögen im Einzelfall ihre Wirkung nicht verfehlt haben, auf das größere Publikum wirken sie jedoch nur langweilig, weil austauschbar. Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, kann aber auch eine persönlich-intime Mitteilung zur funkelnden Preziose gerinnen, etwa bei Rainer Maria Rilke: „MEINE FREUNDIN, / einmal habe ich dieses Buch in Ihre Hände gelegt, / und Sie haben es lieb gehabt wie niemand vorher. / So habe ich mich daran gewöhnt, zu denken, daß es Ihnen gehört. / Dulden Sie deshalb, daß ich nicht allein in Ihr eigenes Buch, / sondern in alle Bücher dieser neuen Ausgabe / Ihren Namen schreibe; daß ich schreibe: / DIE GESCHICHTEN VOM LIEBEN GOTT / GEHÖREN ELLEN KEY“ ließ er in „Die Geschichten vom lieben Gott“ hineindrucken. Im „Stundenbuch“ äußerte er sich erstaunlich wortkarg, doch abermals recht elegant: „Gelegt in die Hände von Lou“. ... [mehr] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/widmungen-sind-ein-wichtiger-teil-der-belletristik-15406986.html

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