Der Bundestag hat heute [Anm.: am 30.06.2017] eine grundlegende Reform der
urheberrechtlichen Regelungen für Forschung und Lehre verabschiedet. Damit wird
die dringend notwendige Rechtssicherheit für Lehrende, Studierende,
Universitäten und Bibliotheken geschaffen.
Das Gesetz strukturiert die gesetzlichen Schranken für
Bildung, Wissenschaft und Forschung grundlegend neu und wird von den
Hochschulen, Wissenschaftsorganisationen und Bibliotheken einhellig begrüßt. Er
regelt deutlich klarer als bisher, welche urheberrechtlich geschützten Werke an
Universitäten und Bildungseinrichtungen erlaubnisfrei genutzt werden dürfen.
Bei den in der Praxis sehr wichtigen digitalen Semesterapparaten wird es keinen
Lizenzvorrang geben, so dass Dozenten nicht aufwändig prüfen müssen, ob ein
„angemessenes Lizenzangebot“ vorliegt.
Eine Reihe von Detailregelungen erlauben es den
Bibliotheken, künftig noch effizienter und nutzerfreundlicher zu arbeiten.
„Fernleihen und Kopienversand sind endlich in praktikabler Form lizenzfrei auch
per E-Mail möglich und nicht mehr nur ‚per Post oder Fax‘ wie es im alten
Gesetz hieß“, erläutert Petra Hätscher, Direktorin des Kommunikations-,
Informations-, Medienzentrums der Universität Konstanz und Mitglied im
Bundesvorstand des dbv. „Auch die immer wichtiger werdende Langzeitarchivierung
von digitalen Medien wurde auf die notwendige gesetzliche Grundlage gestellt.
Es ist jetzt erstmalig klar bestimmt, dass zum Bestand einer Bibliothek auch
die Medien gehören, die die Bibliothek lizenziert hat.“
Die Bibliotheken begrüßen ausdrücklich, dass die
zusätzlichen Rechte nicht einseitig zu Lasten der Autoren und Verlage
eingeräumt werden. Jede zusätzliche Nutzung wird den Urhebern angemessen über
Verwertungsgesellschaften vergütet, um ein für alle Beteiligten fairen
Ausgleich zu ermöglichen.
Bei aller grundsätzlichen Freude bedauern die
Bibliotheken aber auch, dass die Möglichkeiten der überregionalen
Literaturversorgung teilweise deutlich eingeschränkt werden. Ein
Dokumentenversand zu gewerblichen Zwecken ist künftig nur noch erlaubt, wenn es
eine passende Lizenz dafür gibt. Lehre aus und Forschung mit Tageszeitungen und
Publikumszeitschriften, zu denen es keine Lizenzangebote gibt, werden sogar
drastisch eingeschränkt: Ganze Artikel dürfen hier nicht mehr genutzt oder
verschickt werden. „Das dürfte insbesondere die Geschichts-, Sozial- und Medienwissenschaften sehr treffen“, erläutert
Armin Talke, Vorsitzender der Rechtskommission des Bibliotheksverbands.
„Die Reform ermöglicht, dass in Deutschland Bildung, Forschung, Lehre und Unterricht auch
zukünftig ihren gesicherten Platz in der modernen Wissensgesellschaft haben.
Wie bei jedem mühsam gefundenen Kompromiss hätten wir aber auch einige Punkte
aus unserer Perspektive gerne anders geregelt gesehen. Insgesamt jedoch gibt es
deutlich mehr Licht als Schatten“, so Barbara Lison, Bundesvorsitzende des
Deutschen Bibliotheksverbandes.
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