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Montag, 20. März 2017

Vorschlag des BMJV zur Neuregelung gesetzlich erlaubter Nutzungen für Wissenschaft, Unterricht und Institutionen

Zusammengestellt und kommentiert von Dr. Dietrich Nelle, Interimsdirektor ZB MED Köln/Bonn
Der derzeit in der Diskussion befindliche Referentenentwurf strebt die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für gesetzlich erlaubte Nutzungen in Wissenschaft, Unterricht, Bibliotheken und weiteren Institutionen an die Veränderungen durch die Digitalisierung an. Ferner sieht er die Bündelung bisher verstreuter Regelungen in einem kohärenten Abschnitt vor. Im Einzelnen geht es um folgende Punkte:

§60a (Nutzung von bis zu 25 % eines Werkes für Unterricht und Lehre gegen angemessene Vergütung)
Für alle Bildungseinrichtungen einschließlich der Hochschulen wird eine einheitliche, an den bisherigen Gesamtverträgen orientierte Regelung geschaffen und dadurch insbesondere die Nutzung von Materialien über das Intranet auf eine klare rechtliche Grundlage gestellt.

§60b (Herstellung von Unterrichts- und Lehrmedien)
Die Vorschrift regelt die Herstellung sogenannter Unterrichts- und Lehrmedien. Dies sind nicht für kommerzielle Zwecke geeignete Sammlungen von Auszügen aus Werken einer Vielzahl von Urhebern, die ausschließlich zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen verwendet werden können.

§ 60c (Wissenschaftliche Forschung)
Der Vorschlag sieht praxistaugliche Regelungen vor. Der bisher geltende unbestimmte Rechtsbegriff „kleine Teile“ wurde ersetzt durch die Angabe eines fixen Prozentsatzes (10%, 25% oder 75%) eines Werkes. Dies dient der Rechtssicherheit.

§ 60d (Text und Data Mining)
Die Regelung schafft eine eindeutige rechtliche Grundlage dafür, Vervielfältigungen zum Zwecke des Text und Data Minings zu erstellen, diese zugänglich zu machen und als Bibliothek zu archivieren. Insbesondere das Recht, Korpora in Bibliotheken zu speichern und für die Überprüfbarkeit und für zukünftige Projekte vorzuhalten, ist für die Wissenschaft von großer Bedeutung.


§ 60e (Bibliotheken)

Die Erfassung der gängigen bibliothekarischen Aufgaben und Dienstleistungen in einer eigenen Regelung für Bibliotheken dient der Klarheit und der Erleichterung der täglichen Arbeit.


§ 60f (Archive, Museen, Bildungseinrichtungen)

Es werden Regelungen vorgesehen, wie sie vergleichbar für Bibliotheken gelten.

§ 60g Gesetzlich erlaubte Nutzung und vertragliche Nutzungsbefugnis

Die in § 60g Abs. 1 enthaltene Regelung, dass die gesetzlich erlaubte Nutzung nicht vertraglich abdingbar ist, ist für die Funktionalität der Novelle essentiell, denn nur mit einer solchen Regelung werden Wissenschaft, Lehre und Forschung die im UrhWissG eingeräumten Rechte auch in der Praxis verlässlich anwenden können. Durch die Vergütungspflichten (§ 60h) schafft die Novelle im Gegenzug einen weit reichenden wirtschaftlichen Ausgleich.

§ 60 h Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen

Die neuen Vergütungspflichten stellen eine erhebliche Vereinfachung und Klärung zugunsten von Verlags- und Urheberinteressen dar. Mit dieser substanzielle Ausweitung von Vergütungspflichten dürften negative wirtschaftliche Folgen für Verleger und Autoren auszuschließen sein. Die Festlegung, dass eine pauschale Vergütung oder eine repräsentative Stichprobe genügt, hat für den Hochschulbetrieb erhebliche praktische Bedeutung und ist nachdrücklich zu unterstützen. Wie ein Pilotprojekt an der Universität Osnabrück gezeigt hat, wäre eine Einzelabrechnung nicht praxistauglich und hätte zur Konsequenz, dass die Nutzung solcher Werke erheblich zurückgehen würde – zum Schaden von Studierenden, Lehrenden, Autoren und Verlagen.


Die Novelle beruht auf der gegenwärtigen EU-rechtlichen Lage. Auch auf dieser Ebene sind Diskussionen für rechtliche Anpassungen im Gange. Insbesondere steht die Umsetzung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zum Verleih von e-Books (sog. E-Lending) (Rs. C-174/15 – Vereniging Openbare Bibliotheken gegen Stichting Leenrecht) an. Mit Blick auf die gesetzlich erlaubten Nutzungen und vertraglichen, technisch geschützten Online-Nutzungen bedarf auch die EU-RichtlinieInfoSoc-RL 2001/29/EG einer Überarbeitung.


Open Password Pushdienst 20.03.2017

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