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Freitag, 10. Juni 2016

"Es geht auch früher" - Gesetzesänderung erlaubt Digitalisierung in großem Umfang

Ein konkretes Beispiel für eine Gesetzesänderung im Urheberrecht, welche die geltende Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers gewissermaßen aushebelt, stellt Thomas Hilberer, der Leiter der Tübinger Fakultätsbibliothek Neuphilologie (Brechtbau-Bibliothek), in der Nr. 2016/6 der (leider nur gedruckt vorliegenden) Hauszeitschrift der UB Tübingen - ub info - vor. Am 29.04.2016, erreichte ihn eine E-Mail der Vergütungsgemeinschaft Wort - VG Wort mit folgendem Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren, dem Antrag auf Digitalisierung des vergriffenen Werkes mit der Referenz „VGW-2016.0314.0000.1501“ und dem Titel „Die Grade der lyrischen Formung : Beiträge zu einer Ästhetik des lyrischen Stils“ wurde am 29.04.2016 stattgegeben. Die Lizenzierung erfolgt vorbehaltlich der Bezahlung der Lizenzgebühren. Die Übermittlung der Rechnung und der Lizenz in schriftlicher Form erfolgt gesondert.

Mit freundlichen Grüßen - VG WORT Untere Weidenstraße 5 81543 München

Der genannte Titel (es handelt sich um eine 48-seitige Doktorarbeit von 1920 von Friedrich Sieburg) stellt damit das erste Tübinger Buch dar, das aufgrund neuer Bestimmungen im Urheberrecht als „vergriffenes Werk” digitalisiert und im Internet frei zur Verfügung gestellt werden darf. Bibliotheken dürfen jetzt Werke, die sich in ihrem Besitz befinden und vor 1966 in Deutschland erschienen und im Buchhandel vergriffen sind, vervielfältigen und öffentlich zugänglich machen. Diese Bedingungen sind bei circa 1,5 Millionen Büchern der Deutschen Nationalbibliothek erfüllt. Allerdings muss jeder Titel einzeln im Katalog der DNB überprüft, und es muss eine Lizenz bei der VG Wort beantragt werden. Dabei entstehen Gebühren zwischen 6 und 16 Euro; eine Wartefrist von 6 Wochen ist einzuhalten (vgl. http://www.dnb.de/DE/Service/DigitaleDienste/LizenzierungsserviceVW/lizenzierungsserviceVW.html).

Als erste Tübinger Bibliothek ist die Brechtbau-Bibliothek der Philosophischen Fakultät dem entsprechenden Rahmenvertrag beigetreten. Bisher haben dies bundesweit etwas mehr als 20 Bibliotheken getan. Die Brechtbau-Bibliothek hat erste Anträge für öfter nachgefragte ältere Dissertationen gestellt. Darüber hinaus sollen Titel lizenziert werden, die von Dozenten vorgeschlagen werden.

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